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Mayday 1991 – 2001

Zehn Jahre Mayday sind ein wohl trefflicher Zeitpunkt, um nocheinmal zu den Anfängen zurückzuspulen und eine Dekade in Zeitraffer Revue passieren zu lassen. Die Techno-Gründerzeit ist hierzulande eng mit dem Jugendradiosender DT 64 verknüpft. Schon in den Achtzigern versorgte der Sender die Jugend der DDR mit sonst nicht gespielter Musik, ab Mitte der Achtziger begeisterte man in der Sendung "Maxi" mit Mega-Mixen elektronischer Musik. 1991 als Techno die Musik war, die der Aufbruchsstimmung der gerade wiedervereinten Jugend entsprach, war es DT 64, die als nahezu einzige Radiostation in Deutschland eine regelmäßige Techno-Sendung hatte. Schnell wuchs der Kult um DT 64, mitgeschnittene Tapes wurden bis nach Westdeutschland getragen und DJane Marusha war der erste Radio-Star der Techno-Szene. In der zweiten Hälfte des Jahres 1991 drohte dem Sender jedoch plötzlich das finanzielle Aus. DJ Dick, damaliger Lebensgefährte von Marusha , hatte daraufhin die Idee, eine riesige Save DT 64 Party unter dem Namen Mayday zur Rettung des Senders zu organisieren.

Mayday hat übrigens rein gar nichts mit dem Monat Mai zu tun, sondern heißt eigentlich "M’aidez", was französisch ist und soviel heißt wie "Helfen Sie mir!". Die englischsprachigen Piloten und Kapitäne machten daraus "Mayday" und so heißt der internationale Funknotruf bis heute. 

Mayday war zu Beginn der großen Techno-Euphorie in Deutschland genau die richtige Veranstaltung am richtigen Ort und zur richtigen Zeit. Mayday brachte den Sound der Zeit auf den Punkt, versammelte die Crowd auf einem riesigen Dancefloor und definierte den Begriff "Rave" neu. Best Line-Up, Tonqualität, Lightshow, Deko und Organisation waren schon bei Mayday I die Eckpfeiler einer so nie zuvor erlebten Atmosphäre.

Die zweite Mayday, treffend "A New Chapter Of House & Techno" betitelt, konnte die Besucherzahl mehr als verdoppeln. Mehr als 12.000 Menschen aus ganz Europa sorgten am 1. Mai 1992 im Kölner Eisstadion für die Entstehung des Mythos Mayday. Die Winter-Mayday im gleichen Jahr, wieder in Halle Weißensee, war vor allem ein Fest für die Hardcore-Freaks. "The Sound Of Rotterdam", Gabba, war die neuste Speerspitze in punkto Wildheit und Tempo. Am 30. April 1993 gab es Mayday erstmals in der riesigen Dortmunder Westfalenhalle, Live-Performances von The Prodigy und Moby sorgten für eine absolut legendäre Party.

Techno war zu diesem Zeitpunkt plötzlich das Underground-Phänomen, die Medien überschlugen sich und für viele war Techno zu einer Lebensanschauung geworden. Der Wahrnehmung der Raver entsprechend war es konsequent, Mayday V "The Religion" zu nennen, gemäss einem riesenhaften Raver-Graffiti auf der Kohlenpottrally B1. "Rave Olympia" am 30. April 1994 wieder in der Westfalenhalle brach dann alle Rekorde: 24.000 begeistere Tänzer feierten 35 DJs und Live Acts, 5000 Fans vor der Halle boten auf dem Schwarzmarkt für Tickets bis zu Tausend Mark. Techno hielt gar Einzug in die Berichterstattung der "Tagesthemen" und Mayday etablierte sich endgültig als Gipfeltreffen der internationalen Macher.

Allerorten war der Begriff der "Raving Society" ein Zauberwort und tatsächlich war der tanzende und tobende Teil der Gesellschaft so groß, dass in Berlins großer Deutschlandhalle Mayday an zwei aufeinander folgenden Tagen im Dezember Mayday ausgerufen wurde, um allen Tanzwütigen eine Teilnahme zu ermöglichen. Zu "Reformation" 1995 verstärkte sich das Bestreben, neben den erfolgreichen "Stars" einen noch grösseren Rahmen für neue Strömungen zu bieten. Ende des gleichen Jahres feierte "The Great Coalition" in Frankfurt mit über 26.000 Besuchern den Brückenschlag Berlin-Frankfurt, der noch Jahre zuvor aufgrund von seltsamem Lokalpatriotismus’ unvorstellbar schien.

Mayday Nummer 10, "The Day X", war eine Zwischenbilanz: während überall Trittbrettfahrer versuchten mit Techno-Großveranstaltungen reich zu werden und viele vom endgültigen Ausverkauf redeten, machte Mayday klar, wer Garant für perfekt organsierte Parties auf hohem Niveau ist.

"Life On Mars" war die letzte Mayday-Party im Winter und damit auch der Schlusspunkt der Berliner Reihe. Aufwenigste Dekorationen der Filmstudios Babelsberg simulierten eine Marslandschaft, Marusha, WestBam und Carl Cox liessen die Massen schreien und Jeff Mills hinterliess reichlich herunterhängende Unterkiefer. Fortan gab es Mayday nur noch einmal im Jahr, stets am 30. April in der Westfalenhalle. Die Hymne zu "Sonic Empire" schafft den Sprung auf die Pole Position der Media Control Charts, die Kombination von Techno und Electro prägt den Sound. "Save The Robots" erhob die Rückbesinnung auf die Vorreiter wie Kraftwerk, Human League, Cabaret Voltaire etc. zum Hauptthema und Mayday 1999 – "Soundtropolis" – war entgegen aller Unkenrufe zum Tod von Techno die perfekte Stadt aus Licht und Ton als berauschende Party. Die letztjährige Folge von Mayday, "Datapop", hat mit einer grandiosen Neonistallation und begeistertem Publikum untermauert, dass Mayday und Techno noch lange nicht tot sind und "10IN01" wird den Ausnahmestatus von Mayday erneut beweisen.

Zehn Jahre Mayday sind die wohl treffendste Zusammenfassung von 10 Jahren Techno-Geschichte und damit auch Spiegel der wichtigsten Jugendkultur der letzten Dekade. Techno hat bekanntlich längst Einzug in nahezu alle unsere Lebensbereiche gehalten und niemand wird bestreiten, dass Techno auch die nächsten Jahre massiv prägen wird. Blick

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