im
blinden vertrauen stellen wir euch seit langem dates der
registratur in münchen vor, ohne einen
aussagekräftigen beweis für das geschehen dort
vor ort zu haben... einen mißstand, den wir hiermit
nun endlich beseitigen möchten!
rechtfertigung
für den langen (aber angenehmen, weil
größtenteils dreispurigen) anfahrtsweg gabs in
form einer legende. eine der drei federführenden
personen, die in den 80ern maßgeblichen einfluss
auf die begründung von techno (wie wir ihn heute
kennen) genommen haben - kevin
saunderson.
doch
bevor wir in die unvermeidliche geschichtsstunde
einsteigen, kurzes abgreifen der fakten.
die
registratur befindet sich in der blumenstrasse und damit
ziemlich zentral in münchen. nicht weit von
hauptbahnhof und karlsplatz. dennoch gabs kaum probleme
einen parkplatz zu finden. wobei euch, vor allem wenn
ohne fähigen beifahrer/kartenleser/gps-navigation,
auch die u-bahn/park&ride ans herz gelegt
sei.
über
einen hinterhof gehts in ein von außen
spießig und monoton anmutendes gebäude. von
außen sieht das große gebäude am ehesten
wie ein finanzamt oder eine andere staubige amtsstube
aus. aber man soll ja nicht von außen nach innen
schließen - das gilt für gebäude wie auch
für menschen.
angesichts
des hochkarätigen gastes gehen 12 euro eintritt in
ordnung. dafür bekommt man drinnen eine
mittelgroße tanzfläche, einen kleineren
a-side-floor fürs kontrastprogramm, mehrere bars und
von anfang an reichlich stimmung geboten.
etwas
sorgen hatten wir zugegeben schon, dass das typische
klischee münchens auch auf die elektronische
clubkultur durchschlagen könnte - tat es aber nicht,
ganz und garnicht.
so
überraschte uns erstmal roch dadier mit einem
sehr durchwachsenen set. anfangs deeper house, dann etwas
technolastiger und zwischendrinn immer mal eine kleine
bis mittelgroße überraschung.
roch
dadier könnte einigen von euch im zusammenhang mit
dem mittlerweile (leider) abgesetzten evosonic radio
etwas sagen. darüber hinaus veröffentlicht er
auf portrait records und drehte auch im ultraschall hier
in münchen schon seine wachs-scheiben!
und
nicht wenige waren anfangs der meinung, dass es sich
aufgrund seiner hautfarbe ganz klar um mr. saunderson
handeln müsste.
das
passt aber sicher schon alleine vom alter nicht ganz.
kevin saunderon übernahm gegen 2uhr die
plattenspieler und dürfte mitterweile um die 40
sein. vielleicht einer der gründe, warum man ihn als
dj nicht gerade jedes wochenende hier zu lande zu
gehör bekommt.
für
uns war ein besuch heute abend fast schon pflicht, denn
dieser mann hat geschichte geschrieben!
kevin
saunderson tritt seit mitte der 80er mit diversen
psydonymen in erscheinung, darunter z.b. inner
city, the reese procject oder auch
e-dancer. wem das nichts sagt, der kann jedoch
bestimmt mit den titeln "good life", "heavenly" oder "big
fun" was anfangen.
zusammen
mit juan atkins und derrick may bildet er die erste
detroit techno generation, also den beginn einer schar
von elektronischen producern aus der motor city. allesamt
selbsterklärte reflektoren von vor allem
kraftwerk´s futuristischen musik-entwurf, aber auch
anderen typischen acts dieser zeit wie z.b. depeche mode
und human league.
nicht
wenige sind der meinung, dass damit die amtlich ersten
technoklänge aus detroit kamen. eine entwicklung die
mittlerweile 20 jahre alt ist und wiederum hier in europa
einen fruchtbaren nährboden gefunden hat. und auch
wenn heutzutage nur noch wenig zusammenhang zwischen dem
ort und der art der entworfenen musik besteht, hat das
kapitel detroit seinen festen platz in jedem
geschichtsbuch über elektronische musik.
für
uns hier in europa ist kaum vorstellbar, was kevin
saunderson und co dazu angetrieben hat, mit ihrem
düsteren techno-entwurf auf sich und ihre situation
in detroit aufmerksam zu machen. eine triste und alles
andere als lebensbejahende endzeit-stimmung, geprägt
vom alten schwarz/weiss-rassenproblem.
daran
hat sich in den letzten 20 jahren durch den erfolg von
detroit techno nur wenig geändert. die
grundsituation einer gettoähnlichen zwei-teilung
detroits in schwarz/weiss, arm/reich, inner-city/suburbs
findet man auch heute noch vor.
das
erklärt auch den sound, mit dem die produktionen aus
detroit aufwarten. düster, schroff, aber trotz all
dem negativen mit einem funken hoffnung versehen, der
hier und da in melodien, streicher-passagen oder textlich
niederschlag findet.
diesen
ganzen vorbau hörte man unseres erachtens auch klar
aus dem set von saunderson heute abend heraus!
gerade
in der ersten hälfte seines set gabs eine flut an
typischen detroit-tracks. natürlich eigene
produktionen wie z.b. das o.g. "heavenly", aber auch
diverse andere tracks, die trotz alledem oder vielleicht
auch gerade deswegen, so richtig gut
funktionieren.
von
anfang bis ende seines sets war die stimmung entsprechend
geladen. und auch ohne sich wirklich mit dem ganzen
hintergrund zu beschäftigen, kann wohl keiner sagen,
er hätte keinen spass heute abend gehabt.
letztlich
bleibts bei dem gegensatz, dass eine aussichtslose und
depressive umgebung wie detroit eine derart schöne
und nach wie vor zeitgemäße musik zum
vorschein gebracht hat. es erscheint paradox, dass wir
uns zu einer musik vergnügen, welche für den
producer seinerzeit der letzte ausweg war.
dennoch,
was bleibt sind die eindrücke einer atemberaubenden
party!
... und
vielleicht die chance, zumindest einwenig von dem in
bewusstsein gerufen zu haben, was für diese musik
auslöser war und ist!