[anm.d.red.:
1. Bild, das; -[e]s, -er [mhd. bilde = bild,
gestalt, ahd. bilidi = nachbildung, abbild; gestalt,
gebilde
2. bei szenemag für gewöhnlich ohne
nachbearbeitung in "reinform". keine verwendung von farb-
oder sonstigen filtern, keine manipulation, what you
see is what you get! evtl. zu sehende verformungen
und lichteffekte entstehen ausschließlich auf grund
der gegebenheiten vor ort sowie ggf. unter verwendung
eines konventionellen fotoblitzes.
3. die umrandeten fotos sind mit
groß-formaten hinterlegt. auf wunsch
mailen
wir euch auch gerne die
original-größen.]
wir
bleiben in münchen und wir bleiben beim
christian. once again, besten dank!
"...München.
Für einen ausgehfreudigen Szenemensch mit
musikalischem Geschmack durchaus eine "der" Städte
in Deutschland. Eine Gleichstellung mit unserer
Landeshauptstadt Berlin wäre zuviel des Guten, doch
kann sie mit einer Vielzahl von Szene-Institutionen und
Weggeh-Alternativen für den gemeinen Raver
aufwarten:
Harry
Klein, Garden Club, Club Ampere, Palais, Prinzip, ehemals
Registratur (geschlossen), Erste Liga, Strobe Club
"in zweiter Reihe" das 8 Season, p1, Pacha oder Tom
Novy´s Match Club. Diverse Veranstaltungsreihen -
hauptsächlich von World League - in der Muffat
Halle, Kesselhaus, Zerwirk oder Freiheizhalle
um
nur einige zu nennen. Auf den ersten Blick schaut das
schon nach einem reichhaltigen Angebot aus.
In
meiner Aufzählung der Clubs darf ein Name nicht
unberücksichtigt bleiben: Die "Rote
Sonne" am Stachus gelegen, in direkter
Nachbarschaft zur weltbekannten Club-Reihe Pacha (welchen
ich in meinen House-Zeiten natürlich auch einen
Besuch abgestattet hab
). Dieser Laden sollte unser
Ort des Vergnügens für Samstag Nacht werden.
Auch sollte ich an diesem Abend eines der besten Sets
seit längerer Zeit erleben
Nun
aber der Reihe nach. Zu Gast hatten wir an diesem Abend
den "Break New Soil" - Labelboss Gregor
Tresher, Petar Dundov und
Martinez. In aufgezählter
Reihenfolge traten sie auch zur Arbeit an. Zu meiner
Verwunderung - da ich das musikalische Programm erst im
Nachhinein ausgiebig studiert habe - trafen wir um 1 Uhr
schon Gregor Tresher an.
Ich
möchte über seine Musik nicht zu viel Worte
verlieren, aber eines sei gesagt: Mich persönlich
langweilt diese Musik mittlerweile sehr. Liegt
natürlich auch daran dass ich in letzter Zeit
öfters diese Art von Act mir zu Gemüte
geführt habe. An Sich hat der Künstler
sicherlich nichts falsch gemacht, was sich auch in den
Reaktionen des Publikums bestätigte: Es war eine
ausgelassene Stimmung!
Zur
Musik: Vergleichbar mit Joris Voorn vom Vortag, jedoch
für meinen Geschmack etwas - schlicht gesagt -
schlechter: Die Höhepunkte einzelner Lieder waren
sehr absehbar und nicht unerwartet, besondere
Überraschungen blieben meiner Meinung nach aus und
nach einer Zeit stellte sich auch eine gewisse Monotonie
ein - nach dem Schema: Aufladen, Entladen, Aufladen,
Entladen, also sprich: Bumm Bumm Bumm - Zischhhhhhh, Bumm
Bumm Bumm - Zischhhh.
Die
Musik wies für mich keine "Tiefe" und
Eindringlichkeit auf, zu perfekt war in sich alles
schlüssig und vorgegeben. Aber wie schon gesagt: Ich
schätze mal recht wenige der dort anwesenden
Gäste würde diese Meinung mit mir teilen. Mein
Bild würde natürlich auch nicht so streng
ausfallen wenn ich einen Tropfen Alkohol zu mir genommen
hätte.
Gregor
Tresher dürfte den meisten Leuten ein
Begriff sein spätestens nach seinem Hit "A Thousand
Nights". Überhaupt in Sachen Produktion dürfte
er sich mit in die oberste Riege an Künstlern
einreihen. Sowohl sein Debütalbum wie auch das
aktuelle "The Life Wire" überzeugen mich
persönlich sehr! An diesem Beispiel sieht man mal
wieder wie stark der Stil des hauseigenen Outputs
abweichen kann im Vergleich zu dem Gespielten im Club.
Mit
"Break New Soil" - frei übersetzt: "Betritt neues
Land" - möchte Gregor Tresher Grenzen aufbrechen,
zumindest Produktionen abliefern welche in alle
Richtungen stilistisch offen sein können. Es ist
auch nicht abzustreiten dass er das tut, jedoch sind
Studio-Arbeit und Club-Arbeit zwei paar Schuhe bzw.
Platten - und in dieser Nacht hat er meiner Meinung nach
nichts besonderes, musikalisches Neuartiges abgeliefert.
Es
war kurz vor 3, da bemerkte ich das Wuseln und Treiben an
einem anderen Tisch, direkt gegenüber der
Arbeitsstätte des Herrn Treshers: Das kroatische
Multitalent Petar Dundow bereitete
sich auf seine "Show" vor. In diesem Fall galt es jedoch
mehr Aufwand zu betreiben im Vorbereiten des Gigs, da es
ich hierbei um einen sog. "Live Act" handelt.
Einen
ganzen Fuhrpark an Syntheziern, Drum-Machines und anderen
Controllern hat er angekarrt. An die Größe
eines Anthony Rother Geräteparks kommt dieser
natürlich nicht heran, trotzdem war das Ganze sehr
anschaulich zu betrachten. Ich war schon fast kurz vorm
Verlassen des Clubs (aus Müdigkeit und Langweile),
doch dann packte mich die Neugier auf das kommende
Live-Set von Petar Dundow.
Ihr
liebe Leser solltet wissen: Je besser mir etwas
gefällt und je mehr begeistert ich bin, desto
stärker ist mein Mitteilungsbedürfnis und desto
schwieriger fällt es mir mich kurz zu halten. Ich
versuch die kommenden Textblöcke dennoch etwas
kleiner zu halten.
Na
gut, also: Punkt 5 nach 3 wurde mit starkem Applaus
seitens des Publikums das Ruder übergeben an Petar
Dundow. Musikalisch war - es war anzunehmen - ein
starker stilistischer Break zu vernehmen, und wie: Die
basslastige, kickende Musik wurde ausgetauscht mit
langanhaltenden Flächen und anfangs sogar
"no-Beat"-Sound. Die Stimmung wechselte abrupt, viele
wussten auch erstmal nichts mit anzufangen. Ich auch
nicht.
Es
machte sich merklich eine andersartige Atmosphäre im
ganzen Club breit, selbst der abgesottenste Raver
schaffte es auch stellenweise wie angewurzelt darzustehn.
In den ersten Minuten trieb der Sound stellenweise ohne
geringste klangliche Änderungen dahin. Aber allein
durch den tiefen und atmosphärischen Klang, der so
treibend daherkam, war absehbar: Es kommt was! Und da
nimmt man auch ein Warten in Kauf
In
Nuancen, wohl portioniert, bestückte er das
Klanggerüst mit Synthiesounds und neuen Elementen.
Persönlich steigerte sich dadurch die Spannung, es
war nicht absehbar wohin die Reise gehen sollte. Ich
wechselte meinen Standort und begab mich in die Mitte der
Tanzfläche, in direkterer Beschallung der
Soundanlage. Bisher blieb ein unmittelbarer Klimax aus
(obwohl allein das bloße Dasein solch andersartiger
Musik für mich den Höhepunkt darstellt)
Und
dann steuerte Petar Dundow zum ersten Mal eine starke
Bassline bei. Gänsehaut. Auch viele Leute in der
Menge wussten jetzt damit was anzufangen. Die Stimmung
verflüchtige sich aber schnell wieder
Die
Bassline schwappte mit der Zeit wieder ab und und tauchte
im Fluss der Klänge unter.
Anders
als bei einem gewöhnlichen DJ-Set werden bei
Live-Acts ausschließlich eigene Produktionen zum
Besten gegeben. Man kann somit nicht von einer "Playlist"
im engeren Sinne sprechen, vielmehr editiert und
verschachtelt der Live Act Tracks, sodass am Ende der
Darbietung von einem einzigen Track gesprochen werden
kann. Das ist das Interessante: Man kann den Aufbau nicht
so leicht vorhersagen wie bei normalen DJ-Sets. Oft haben
Künstler auch kein festes Programm im Vorfeld
ausgearbeitet und lassen sich stattdessen live
inspirieren
Petar
Dundov betreibt ein eigenes Tonstudio und die
Multimedia-Firma "Neumatik". Musikalisch hat er schon
viele Musik-Genres ausgelebt, z.B. war ein früheres
Album von ihm ein reines "Ambient-Album". Ihm ist
Abwechslung sehr wichtig, weil nur so kann man seiner
Meinung nach das Potential als Künstler voll
ausloten. Recht hat er.
Ich
persönlich fasste den Namen zum ersten mal auf im
Kontext zu Gregor Treshers neuen Album "The Life Wire".
Dort remixte er den Titeltrack, und entstanden ist eine
10-minütige-Neuinterpretation aller erster Sahne.
Sie begeisterte den Labelboss so sehr, dass dieser dem
Track gleich die ganze B-Seite der neuen Maxi
einräumte.
Zurück
zum Ort des Geschehens: Sein Background in Gefilden der
Trance-Musik war unverkennbar, jedoch sollte das nicht
überbewertet werden. In geringem Maße war das
Set trance-angehaucht, doch es stand nun kein Paul van
Dyk hinter den Reglern (um Gottes Willen
).
Die
Architektur seiner Musik wurde immer weiter ausgebaut,
das Puzzle immer weiter zusammengesetzt. Allerdings wurde
es nie zu ende gebaut. Der Rest musste sich der
Hörer selbst erschließen und zu Ende
denken/spinnen. Sprich: Die Musik war alles andere als
eingänglich. Ich möchte fast meinen, man
hört hier Musik mit einem experimentellen Anspruch.
Aber wer hat denn den schon nicht beim Live-Mixing? Es
muss geradezu was unerwartetes passieren - auch für
den Künstler selbst.
I-wann
war es dann soweit und ich verlor mich in die Musik
vollends. Die Haare standen mir zu Berge, und ich stand
zwischen den Welten: Die von der Decke abgehängten
Lautsprecher-Boxen einerseites, der Mensch (was ist noch
ein Mensch?) hinter den Reglern andererseits. Ich hab
mich gefragt, wem ich danken soll: Den Erfindern von
Lautsprechern, welche solche ausserirdischen Klänge
in die Luft schießen oder solch ein
ausser-terrestrischer Mensch, welcher solche Sound
überhaupt erst erfindet.
Ich
ging voll auf in der Musik. Ein breites Grinsen
versteinerte sich. Die immer wieder einsetzende Bassdrum,
aber nie zu stark in den Vordergrund rückend, lies
meine Puls höher schlagen. Solch präziese
gesetzte Effekte, klanglich so scharf gestochen und aus
den Lautsprechern dröhnend,
Nach einer
Glockenspiel-ähnlichen-Einlage hätte man denken
können ein Hendrik Weber aka. Pantha du Prince steht
am Mischpult.
Nach
einer Stunde war der Zauber verflogen, meine Sinne schon
längst, und der dritte DJ - Martinez - steuerte das
Schiff in die frühen Morgenstunden. Den erlebte ich
-leider? - nicht mehr. Wenns am schönsten ist soll
man gehen. Um die ganze Story hier zum Abschluss zu
bringen zitiere ich die Headline der Titelstory der
Groove-Zeitschrift Nr. 82/Juni,Juli 2003: "Für die
Momente des Glücks"
für genau solche
Überraschungen und Bewusstseins-Erweiterungen
elektronischer Klangkunst gehe ich Wochenende für
Wochenende aus. Danke Petar Dundov.
..."