[archive] - [review 2010] - [centrum - erfurt]

[back]


 


das hohe c

centrum - erfurt

21.05.2010

[anm.d.red.:
1. Bild, das; -[e]s, -er [mhd. bilde = bild, gestalt, ahd. bilidi = nachbildung, abbild; gestalt, gebilde
2. bei szenemag für gewöhnlich ohne nachbearbeitung in "reinform". keine verwendung von farb- oder sonstigen filtern, keine manipulation, what you see is what you get! evtl. zu sehende verformungen und lichteffekte entstehen ausschließlich auf grund der gegebenheiten vor ort sowie ggf. unter verwendung eines konventionellen fotoblitzes.
3. die umrandeten fotos sind mit groß-formaten hinterlegt. auf wunsch
mailen wir euch auch gerne die original-größen.]

wir freuen uns sehr über die ungebrochene energie, welche christian an den tag legt und in thüringen das partygeschehen lückenhafter denn je portraitiert. vielen dank & euch viel spass!

"...

Pantha du Prince. Das Alter Ego des Hamburg´schen Bub´ Hendrik Weber. Ein Name, welcher in meinen Playlists auf dem Ipod häufiger Platz einnimmt. Wohlgemerkt Ipod, denn seine Musik ist größtenteils "Kopfhörer"-Musik, die Begrifflichkeiten "Ambient", "Electronica" treffen seinen Stil am ehesten. Umso interessanter mag es nun erscheinen, Hendrik Webers Sound nicht nur über Ohrstöpseln, sondern "hautnah" im Clubkontext zu erfahren.

Denn solch experimentelle Klänge im "tanzmusik-untypischen Format" habe ich bisher sehr selten - in der Form eigentlich noch nie - beim nächtlichen Ausgehen zu Ohren bekommen. Wenn man sich intensiver mit dieser Musik befasst stellt man sich zwangsläufig die Frage, wie man wohl diese im Club umsetzen mag. Liest man dann noch solche Geschichten dieses Dial-Familienmitglieds in einer Spex, DeBug oder Groove, dürfte schon so viel Interesse an Artist und Sound beim Leser geweckt sein, dass dem Clubbesuch nichts mehr im Wege stehen dürfte. Zumindest ging es mir so…

Gelegenheit dazu bot sich am vergangenen Freitag in Erfurt, wo Pantha du Prince im Rahmen seiner Album-Tour - "Black Noise" - im Club "Centrum" gastierte. Das ließen wir uns nicht entgehen und somit war die Freitag-Abend-Planung bzw. unser Kontrastprogramm zum folgenden Samstag perfekt, an welchem dann mit Adam Beyer schwerere Geschütze aufgefahren wurden.

Black Noise. Der Albumtitel seines dritten und neuesten Werkes, welches nicht mehr auf Dial, sondern auch Rough Trade diesem Frühjahr erschienen ist. Noch stärker als auf "This Bliss" (seinem Vorgänger-Werk) verdichtete Hendrik Weber scheinbar mühelos Gegensätzliches wie fragile Meldodien und grimmige Basslines, naturalistische Klänge sowie kühle Maschinen-Sounds, liebliches Glockenspiel und schmirgelndes Rauschen zu einem sich konstant änderndem Fluidum auf sehr hohem Energielevel.

Mein letzter Besuch des Centrums lässt sich auf "Amsterdam Dance Event 2009 - Zeiten" zurückdatieren, als im Oktober die M_Nus Night mit Mr. Hawtin & Co anstand. Wie zu erwarten ließen sich am vergangenen Freitag im Vergleich zu diesem Event bei weitem weniger Besucher zählen. Jedoch war der Club kontinuierlich ausreichend gefüllt, besonders zur Primetime von 02:00 bis 03:00, wo Pantha du Prince sein Liveset zum Besten gab.

Pantha du Prince ist ein Universalgebildeter: Er ist belesen in Kulturtheorie, wurde auch zum Tischler ausgebildet, eine handwerkliche Fähigkeit, die er in Hamburg als Bühnenbildner für experimentelle Theaterprojekte anwendete. Somit war also nicht zu erwarten, dass man Hendrik Weber an diesem Abend hinter gewöhnlichen Turntables antreffen wird: Ihm wurde für diese Nacht der Platz auf der Bühne eingeräumt, welche im Centrum gegenüber der eigentlichen DJ-Kanzel zu finden ist.

Diese war für seine Arbeit ein angemessener Ort, bot die Bühne doch den nötigen Platz für beispielsweise Leinwänden, auf welchen der visuelle Aspekt seiner Arbeit Berücksichtigung finden konnte und fortwährend der Sound mit album-spezifischen Bildfragmenten und Motiven begleitet werden konnte. Außerdem müssen die unzähligen Gerätschaften für sein Live-Auftritt auch i-wo verstaut werden.

Punkt 02:00 Uhr. Der noch unbemannte Schauplatz ist nebelverhangen, teils brechen Laserstrahlen die Nebelschichten. Im Ausklang der letzten Töne des Vorgänger-Sets ist deutlich eine Spannung auszumachen, welche im Raum "liegt". Vorrausgesetzt man ist noch ganz bei Sinnen. Es war zu vernehmen dass gleich etwas "passieren" musste.

[anm.d.red.: der vorgänger dj müsste/könnte torek vom hohen c gewesen sein oder auch franzi aus der muna, wobei das eher auf eine djane schließen läßt... hmm... wir fragen einfach nochmal...]

Für Pantha du Prince reicht es bei weitem nicht, einen rein sample-basierten Track mal schnell auf der Zugfahrt mit dem Laptop "Paul Kalkbrenner-like" zu produzieren. Nein, der feine Herr muss da schon ins Hochgebirge der Schweizer Alpen reisen, sich dort in spärliche Bauernhütten einquartieren und wochenlang bei allen Witterungen mit dem nötigen Equipment Sounds aufnehmen. Schaut man sich die Bilder auf seiner Homepage an, kann man sich da ein gutes Bild machen.

Das Bild, welches sich um Punkt 02:00 Uhr dem Publikum bot, war mehr als passend: Als schleierhafte Gestalt aus der Dunkelkeit schritt er zu seinem Arbeitsplatz, seine Pullover-Mütze über den Kopf gezogen. Die Gesichtskonturen waren nur ansatzweise zu erkennen, seine Statur als Ganzes ist in in vielen Fällen auch nur silouettenhaft in Erscheinung getreten.

WOW! Der Einstieg war schonmal ziemlich vielversprechend. Generell kann ein Lob nicht nur an an den Künstler, auch die anderen Köpfe hinter der Bühnen- und Lichttechnik des Clubs ausgesrochen werden - die visuelle Inszenierung des Acts ist meiner Meinung nach im Gesamten ziemlich gelungen!

Die Spannung wurde indes noch intensiviert durch langes Ausbleiben der ersten Bassschläge. Bis diese erstmalig aus dem Sound-Systems schossen, vergingen ein paar Minuten mit Geklimper, Klirren und präzise gesetzten Effekten, welche nie willkürlich erschienen. Besonders die Album-typischen "glockenspiel-ähnlichen Klänge" wurden live durch entsprechende Geräte eingespielt und kamen des öfteren im Live-Auftritt vor.

So… nun folgten auch die ersten Bassschläge und der Sound wurde von Jubelschreien aus dem Publikum umrahmt. Innerhalb dieser einen Stunde spielte der "Animal-Collective-Kollaborateur" vornehmlich Tracks seines aktuellen Albums, ich meine aber auch Klänge aus "This Bliss" ausgemacht zu haben. Beispielsweise ein "Florac" (mit welchem Track ich übrigens erstmals den Namen Pantha du Prince in mein Bewusstsein rückte) fand im Live-Set Platz, natürlich stark entfremdet vom Original - wie das halt so ist bei einer Live-Einspielung. Klasse!

Letztendlich meine ich jeden einzelnen Track erkannt zu haben, und für mich persönlich war es interessant zu hören in wie weit die Stücke live editiert/transformiert wurden und noch wichtiger: Wie harmonisch sie sich zum Ganzen fügten. Die Musik an sich ist schon stark experimentell, durch ein Live-Set wird diese ganze Komplexität und Vielschichtigkeit der Sounds in ein noch höheres Level gerückt.

Wie bereits erwähnt dauerte der ganze Spaß eine Stunde und um 03:00 Uhr verließ der großgewachsene Hamburger aprupt - zu aprubt, schade - die Bühne. Der Vorhang ist gefallen.

Resümee: Ein charismatischer, interessanter Typ, auch wenn er so gut wie keinen Blickkontakt zum Publikum aufgebaut hat (bei einem Live-Set auch nicht so leicht zu schaffen). Wundervolle, melancholische, verzaubernde Musik… Reizvolle audiovisuelle Untermalung im Club…

ABER: Ich bin der Meinung, die Musik eignet sich auf Kopfhörern besser als im Clubgeschehen, da doch - wie bereits erwähnt - das wenigste tanzbar ist. Ich denke auch mal, eine Leute im Publikum konnten nicht so richtig was mit der Musik anfangen, da die Bassdrum zu wenig gewichtig in Erscheinung trat.

Spezielle Musik funktioniert nicht in jedem Raum. Spezielle Musik funktioniert nicht bei Jedermann. Spezieller Musik soll indes aber die Möglichkeit gegeben werden, im Nachtleben an den Mann/die Frau gebracht zu werden. Zu zeigen, dass es auch anders geht in Zeiten des Postminimals. Und sicherlich besteht auch die Möglichkeit den ein oder Anderen auf den Geschmack zu bringen.

[anm.d.red.: amen, bruder! zu erwähnen sei noch, dass auch junghansz live spielte an diesem abend, was christians ganz auf pantha du prince konzentrierter aufmerksamkeit - wir verzeihen das natürlich... - entgangen zu sein scheint.]

..."

2010 by bullyTM, text & pics by christian] - powered by STORM Urban Water H2O + ENERGY !





[top]