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Green & Blue

Langener Waldsee / nahe FFM

12.09.2010

[anm.d.red.:
1. Bild, das; -[e]s, -er [mhd. bilde = bild, gestalt, ahd. bilidi = nachbildung, abbild; gestalt, gebilde
2. bei szenemag für gewöhnlich ohne nachbearbeitung in "reinform". keine verwendung von farb- oder sonstigen filtern, keine manipulation, what you see is what you get! evtl. zu sehende verformungen und lichteffekte entstehen ausschließlich auf grund der gegebenheiten vor ort sowie ggf. unter verwendung eines konventionellen fotoblitzes.
3. die besten fotos (meist zu beginn des reviews) sind mit groß-formaten hinterlegt. auf wunsch
mailen wir euch auch gerne die original-größen.]
 


Was wäre eigentlich eine Welt ohne Cocoon? Hm… naja, natürlich würden wir ein Green & Blue - Event missen müssen. Und Disco Rout. Die seit jeher erfolgreichste Nummer des niederländischen Musikers Danny Wolfers alias Legowelt.

Was wäre, wenn Cocoon einst im Jahre 2002 den Track nicht lizenziert hätte, dieser aufgrund ausbleibender - zumindest verminderter - Distributions- und MedienhypeMACHT auf einer - wie war der Name noch mal? - Ghostly International-Compilation verkümmert wäre?!

- Natürlich, ein weniger bekannter Danny Wolfers mit weniger Geld in der Tasche

- Zahllose Partys ohne eben jene legendäre Cocoon-Alltime-Rakete

- Eine "Sound of the third (!)Season" (die meines Erachtens beste Amnesia-Compi überhaupt) ohne den bezaubernden Schwenk - fast schon dreiste Überraschung - genanntes Stück nach John Starlight´s monströsen, schmutzigen Schwergewichts-Nummer "Blood Angels" folgen zu lassen.

- oder einfach kein gebührender, persönlicher Festivalabschluss für Green & Blue 2010. Doch so konnte ich angemessen im größten Freudentaumel um genau 20:30 diese Veranstaltung beenden und voll bis obenhin befriedigt nach Hause fahren,… wenn wir beim Thema wären…

KICK-OFF!


KICK-OFF nicht nur bei Danny Wolfers, auch bei… MIR! Eine Gehirnwäsche die sich gewaschen hat - ein Sommersaison-Abschluss der bezeichnender für meine diesjährigen Erlebnisse nicht sein könnte. GREEN & BLUE 2010 - der Versuch eines Flashback´s (ihr wisst, je schöner etwas ist, desto… )

An einem Sonn- und sonnigen -Tag machen wir uns auf den Weg in Richtung der Mainmetropole. Eine müheloser, leicht vom Gaspedal gehender Ritt, weil doch ausreichend Gedankenfutter für Vorfreude gegeben war - zurecht: Allein schon die Gewissheit, zwei hochkarätige Pfeiler der transatlantischen Techno-Internationalisierung über die Schulter blicken zu können (wörtlich (!) zu verstehen!!), welche ich noch nie zu Gesicht bekam: Die Rede ist von Steve Bug und Guy Gerber. Doch dazu späääder meehr (*KarotteinseinerKüche-like*).


Zum Gelände. Wie die meisten von euch mitbekommen haben, ist die G&B-Veranstaltung wieder zu ihren (Wasser-)Wurzeln zurückgekehrt, nämlich an den schönen Langener Waldsee. Nicht nur die in der Ferne aufsteigenden und fallenden Flugzeuge (Der Frankfurter Airport nur unweit entfernt gelegen), auch die besonders reizvolle Kulisse aus langgestrecktem Sandstrand, durch einen Hang hauptsächlich hervorgerufenen, abwechslungsreichen Topografie, Wälder, Wiesen… usw.. ließen Urlaubsfeeling aufkommen (habt bitte genau >JETZT< das Intro der 3thd Season im Kopf).

Das Festival ist unterteilt in zwei "Showcases" - einer größeren Bühne, direkt am Seeufer gelegen (3mal darf man raten wer dort u.a. gespielt hat…), und einer nicht weniger großen Bühne auf der Wiese, oberhalb des Hanges. Auf letzere gab es dann auch schon ab Mittag einen "elder statesman" der Szene zu belauschen: Johannes Heil.

Seit über fünfzehn Jahren ist Johannes Heil fester Bestandteil der deutschen Technoszene, gehört der gut Dreißigjährige mit Klassikern wie "Paranoid Dancer" (Kanzleramt, 1998) oder "Calling" (1999) zum akustischen Langzeitgedächtnis von Techno. Besonderes Markenzeichen: das elektrisierte, mit wippende Auflegen des Hesseners, was zweifellos die Partyleute anstachelt noch mehr zu geben.

Wer in den späten 90ern nicht zu Heil´schem Presslufthammer-Techno wie - eben schon genannt - "Paranoide Dancer" oder auch "Offenbarung" den Verstand verloren hat, der hat leider eine substanzielle Technoerfahrung nicht gemacht. Dieses mal gab es zwar keinen Presslufthammer-Sound wie einst, aber nicht weniger kickende Mukke.


Mit einem homogenen, stark vom Bass getragenen Set schickte er die Menge in den frühen Nachmittag, um dann später - 13:30 - mit offenen Armen von unserem allseits-geliebten Karottezahn-Tieger (und seinem Freund, dem Teddy-Hase) empfangen zu werden. Die Stimmung war hervorragend!





Dem Karöttchen weilten wir nicht bis zum Ende bei, sondern verließen - grad noch rechtzeitig, kurz vor 14:00 Uhr - Floor 2 und schlugen die Segel um: Our Destination: Floor 1. Glücklicherweise haben wir noch den "final layer" (Manuel Tur lässt grüßen…) von Kollektiv Turmstraße´s Set mitbekommen (wer den noch im Kopf hat möge mir bitte die Track-ID mitteilen!!!), und standen nun seelenvergnügt an der Front.

Natürlich war es kein Kampf an der Front, es war wiedermal eine Reizüberflutung und Gefühl der Glückseligkeit. Aber wie soll einem anders gehen wenn man vor dem smarten Rotterdamer (ca ya @ Amsterdam Dance Event!) Joris Voorn steht?! Ich denke da nur an meinen "EGO"-Club-Besuch in Hamburg.

Seine Playtime betrug eine Stunde - bis 15:00 Uhr. Innerhalb dieser 60 Minuten nahm Br. Balance 14 die "Partypeople" (Sven Väth stand schon in den Startlöchern!) mit auf eine Reise. Eine Reise, für welche jeder Anwesende selbst entscheiden konnte wohin sie gehen würde. Aber klar war: Die Reise konnte nur gut ausgehen! Anfangs souverän-sicher minimaler, immer treibend, gegen Ende hin tiefer und melodischer.

Mal ehrlich, nicht umsonst gehört, seit mehr als acht Jahren, der Rotterdamer schon zu den prägenden Protagonisten eines musikalischen Verständnisses, der es schafft, die besten Elemente der Techno-Klassiker aus Detroit mit der europäischen Geschichte der elektronischen Tanzmusik scheinbar mühelos zu verbinden. Joris, ich will ein Ki….. stopp, … nächste Balance von dir!!!! :*

Wir haben 15:00 Uhr. Den Sveni zeigten wir mal eiskalt die Schulter, auch in dem Wissen, dass wir zu späterer Stund noch genug Zeit haben würden, ihn zu hören. Uns zog es wieder hinauf. Hinauf zu Floor 2, Karotte sollte so langsam seine Rüben verschossen haben… Es ging für mich diesmal aber noch weiter hinaus… und so ganz plötzlich - ich konnt es ja gar nicht glauben - stand ich dann da: Auf der Bühne vor und über einem bunten Menschentreiben von tausenden von Leuten. Und hinter Guy Gerber. KICK OFF!!!

So. Ich muss mich erst mal wieder sammeln. Wie mach ich denn jetzt weiter… ?! Also erst mal: Guy Gerber hat mich zweifelsohne am meisten beeindruckt. Nicht nur weil er so eine verdammt **** Freundin hat, sondern weil er so einen gott-verdammt göttlichen Sound aus seine Live-Controller gezogen hat, dass einem nur warm ums Herz werden konnte.

Im Nachhinein noch verwunderlicher, musste der aus Israel stammende "Supplement Facts" - Head doch in Eigenregie die Welt der Soft- und Hardware erforschen, da er in seiner Heimat ganz auf sich allein gestellt war. Überhaupt hatte er durch seine Herkunft ein suboptimales Standing… Nun steht er heute hier, und hat den Tag vieler mit wahnsinnigen Gänsehautmomenten bereichert.


Ich muss jetzt einfach mal ausholen: Ich denke da an die Väth´sche Abschlusszeremonie mit Feuerwerk-Orgien im Rahmen des Love Family Park - Events 2008, wo doch genau zum Einsetzen der Ersten Raketen "After Love" von Guy Gerber und Shlomie Aber auf den Tellern gedreht wurde. Gänsehaut! Dann, für den Szene-Aktivisten absolutes Grundwissen: Der glückstrunkene Hit "Sea of Sand", ebenfalls im Kollektiv mit Shlomi Aber entstanden.

"Ich mache Musik für die Gänsehautmomente. Es sollen die Tracks sein, an die sich die Leute erinnern, wenn sie nach Hause kommen". Guy, das glaub ich dir sofort! Back 2 Topic: Diesmal hatte ich den Segen, gleiche mehrere Gänsehautmomente erleben zu können. Aber, Hallo?! wie soll es auch anders sein, wenn man zum ersten mal auf der Bühne und den DJs steht?!

Noch dazu mit einem Guy Gerber, der mit seinem aktuellen Track "Hate Love" (Guy Gerber ft. Dawn) auf G&B 2010 einen ganz großen Moment geschaffen hat - Einen Moment als Moment, eine Inszenierung als Nicht-Inszenierung: (Ab-)Schweifende Flächen so fein und weit-gestreckt wie die Wolkenfilme im tiefblauen Himmel, so leichtgängig und traumtänzerisch wie das Funkeln der reflektierenden Sonnenstrahlen auf dem Langener See, atmosphärisch rein wie das gegenwärtige, frische Lüftchen.


Es lag eine besondere Stimmung in der Luft, und eine besondere - live mit Live-Equipment verzauberte - Musik, für einen ganz speziellen Moment. Und wieder ein Gänsehautmoment. Und wieder… und wieder. Ein Mix aus Melodiefahnen, mal ausgeprägter und mal anders nur in Nuancen angedeutet, auf einer soliden Grundierung aus ausgefeiltem, gekonntem Minimalismus. Es hätte niemals enden sollen!

Doch alles hat mal ein Ende. Alles schöne umso schneller, und so übergab der Mann aus Tel Aviv das Zepter weiter an den Urvater der deutschen House-Szene: Steve Bug! Der nächste im Bunde, den ich noch nie zu Gesicht bekam. Auch wieder einer, der allein schon durch seine Körpersprache und (Gesichts-)Ausdruck Sympathie ausstrahlt. Hach, da oben lässt sich´s aushalten! ;)

Ich spann den Bogen kürzer und dreh das Vinyl schneller: Steve Bug lies die Bassline gewohnt minimalistisch vor sich hin tuckern, des öfteren beseelt mit einer Priese House. Ein paar technoidere Ausreiser konnten natürlich nicht fehlen, und so wurde z.B. auch einer der besten Remixe überhaupt in diesem Jahr angespielt: Carl Craig - At Les im Christian Smith's Hypnotica Remix, bzw. im "Editor-Modus" eines Steve Bug´s! BOMBE!

Das Treiben auf der Bühne wurde nicht nur geschaffen von den gewöhnlichen Szene- und DJ-Anhängsel, auch gesellten sich ab und an namhafte Künstler und Szene-Gurus der obersten Riege dazu: Allen voran Pauli Steinbach - ganz in rosa, der Labelmanager von Cocoon - und sozusagen der Organisator des ganzen Spaßes. Champagner-Korken ließen auch knallen: Chris Tjetien, Butch, Karotte, Frank Lorber (stand nicht im Line-Up - ihm war langweilig…) …


… und schließlich gab´s den größten Knall - der Ober-Guru überhaupt: Ricardo Villalobos! Was für eine Erscheinung, wenn man direkt vor ihm steht!! Herzlichst wurde er von allen begrüßt und geküsst. Der Mund-auf-Mund Kuss - unter Männern wohlgemerkt - ist im Imperium Cocoon ja normal! Er sollte den finalen Schlussakt auf Bühne II leisten.

Ich war zwar VIP an diesem Tag - ho ho ho *händereib* - jedoch im Bürokratie-Wirrwarr der Bändchen-Kategorisierungen ganz unten der VIP´s angesiedelt. So kam dann auch plötzlich das unerwartete, vorzeitige Ende meines - letztendlich- - 4h Aufenthalts auf der Bühne, und ich musste wie alle anderen mit blauem Bändchen den Ort der Erfüllung verlassen.



Ricardo Villalobos schenkte ich nicht mehr viel Aufmerksamkeit, und so zog es mich noch mal herunter zu Bühne 1 zum Baba. Und spätestens dort müsste jedem offensichtlich gewesen sein, was für Schweiß, Anstrengung und Gedanken in Dekoration-, Bühnen- und Lichttechnik seitens Organisatoren wohl investiert werden musste.


Sven Väth spielte sein Marathon-Set vor einer großen Projektionsfläche, welche ab Einbruch der Dämmerung lichttechnisch durch Projektionen in Szene gesetzt wurde. Erstaunliche, differenzierte Bilder boten sich, und die gesamte Anlage erstrahlte minutiös in abwechslungsreichen Erscheinungen. Laser und Pylonen schossen in das tiefe Schwarz, Licht-Laternen und feuerspuckende Boote auf hoher See intensivierten das Bild einer entrückten Welt.

Eine entrückte Welt an diesem Sonntag mit wiedermal außerirdischen Sounds (Techno loopt sich fortwährend, allzeit weiter!), verrückten Menschen und einer - mit Nachdruck zu erwähnen - mehr als gelungenen Location für solch ein Event. Da tut auch der einsetzende Regen ab 20:00 Uhr keinen Abbruch, die seelische Grundstimmung war mehr als befriedigt - schätzungsweise nicht nur bei mir.



Wie eingangs erwähnt konnte man dann um 20:30 seinen ganz persönlichen Regentanz auf "Disco Rout" erleben, oder sich abermals in de Ferne schwelgen mit dem Konsens-Hit und Cocoon-Alltime-Burner "Jaguar" von DJ Rolando. Bleibt nur zu hoffen, dass im kommenden Jahr dieser Event an selbiger Feier-Stätte hausen kann.

Mittlerweile hab ich nun zweieinhalb mal die "Sound of the third season"-Compi durchgehört, dutzende Male die speziellen Momente reflektiert (wovon ich hier nur ansatzweise welche nenne konnte) und… ach, Schluss jetzt!

16. Let´s continue our mission …




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