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untertauchen...

goethebunker - essen

28.01.2012

[anm.d.red.:
1. Bild, das; -[e]s, -er [mhd. bilde = bild, gestalt, ahd. bilidi = nachbildung, abbild; gestalt, gebilde
2. bei szenemag für gewöhnlich ohne nachbearbeitung in "reinform". keine verwendung von farb- oder sonstigen filtern, keine manipulation, what you see is what you get! evtl. zu sehende verformungen und lichteffekte entstehen ausschließlich auf grund der gegebenheiten vor ort sowie ggf. unter verwendung eines konventionellen fotoblitzes.
3. die umrandeten fotos sind mit groß-formaten hinterlegt. auf wunsch
mailen wir euch auch gerne die original-größen.]
 

beginnen wir mit der alice-im-wunderland-frage: welche von beiden türen würdet ihr wählen?

als wenn ihr es ahnen würdet, das wunderland liegt hinter dem etwas "be-moos-teren" eingang. wobei beide türen zur hausnummer 67, also zum selben großen gebäude-quader gehören. dieser, ein ehemaliger luftschutzbunker, beheimatet zum einen den club gothebunker und zum anderen das theater courage und dessen förderverein.

erstgenannten gibt es seit ca. 5 jahren und ist eine der subkultur-locations in essen. zufälligerweise, als hätten wir das so geplant, wird dieser auch just in der aktuellen groove-ausgabe vorgestellt und gelobt. ein zufall, den wir - glücklichen... - ja schon öfters erlebt haben (siehe z.b. bob beaman club in münchen von christian h.´s review).

was verschlägt uns also dahin? zum einen die - selbst für berliner verhältnisse - bemerkenswerte kombination des lineups, bestehend aus den skull disco (rip) label initiatoren shackleton und appleblim. zum anderen der club, welcher in unseren gesprächen in letzter zeit öfters erwähnung fand. also eine perfekte kombination, beides einmal live zu erleben.

die bildqualität bitten wir zu entschuldigen, da wir "drinnen" die große kamera außen vor lassen mussten. respektieren wir auch, schließlich kann man einem dahergelaufenen kleinen edelamateur-magazin so aus dem nichts nicht den roten teppich ausrollen. ist uns auch mal ganz recht und wirkt dem chronischen haltungsschaden entgegen, den das dauerhafte tragen der großen kamera auslöst. somit nur iphone-fotos von drinnen und (wir könnens eben doch nie ganz lassen) großformate von draußen. in diesem sinne, sind wir heute also weitestgehend in-offiziell und undercover unterwegs, schließlich wollten wir uns den abend nicht entgehen lassen, aller kosten (eintritt, diesel...) und mühen (fahrzeit) zum trotz.

gut, also der goethebunker. wie oben schon erwähnt ein ehemaliger luftschutzbunker und damit von vornherein eine sehr interessante adresse. das bedeutet natürlich erstmal viel harter, kalter und dicker beton. dennoch hat man es geschafft, eine wirklich knallige anlage in den hauptraum einzupassen. ich muss zugeben (und insider meinen, die anlage sei an dem abend noch nicht einmal optimal eingestellt gewesen...), dass ich schon seit einiger zeit nicht mehr soviel druck gespürt hab in der magengegend.

der club liegt (wenn ichs richtig mitbekommen habe) im süden von essen, am rande eines wohngebietes. da machen sich die dicken wände des beton-bunkers gleich doppelt gut, da man von außen im grunde keinerlei schallwellen mitbekommt.

historisch gesehen, kurz nach dem jahrestag der befreiung von ausschwitz diese woche, ist so ein bunker natürlich nicht ganz unproblematisch. aber gut, dass thema würde den rahmen jetzt sprengen. ich denke aber, dass es kaum eine positivere umdeutung für so einen ort gibt, als daraus einen platz zu machen, an dem politik, rasse, alter, religion eben keine rolle mehr spielt. auch wenn man darüber sicherlich ausführlich und kontrovers diskutieren könnte. da paßt der name "theater courage" (welches sich auch auf dem areal befindet) ganz gut und trägt der geschichte m.e. gut rechnung.

der club teilt sich auf in 2 floors. einen hauptraum und ein kleinerer floor, welcher sozusagen die raucher-tanzfläche stellt, zusammen würde ich maximal ca. 400 leute fassungsvermögen schätzen. insgesamt also ein eher kleiner und kompakter club, so wie wir das eben mögen. licht schön gedimmt, effekte nur aufs nötigste beschränkt. angenehme und (heute abend...) passende video-installation - den/die-dazugehörigen vjs konnten wir auf dem online-flyer jedoch leider nicht entziffern :(

eintritt (heute...) 12 euro, wodka-orange 6,50 euro, jägermeister 2 euro... jo... in anbetracht der exklusiven location und im sinne einer aktiven förderung dieser mit jedem drink, geht das noch in ordnung. ansonsten alles sehr solide und autenthisch, nette leute, kein streß, freundliche crew an bar-, kasse und der security. schön...

musikalisch wurden unsere erwartungen voll erfüllt. begonnen beim heute quasi veranstalter mike dnmk alexander, der der schirmherr der untertauchen reihe hier im bunker ist. auch ansonsten hat er eine lange geschichte, die dj-technisch bis 1995 zurückgeht und - großraum essen - auch seit 1997 veranstaltungen im elektronischen bereich umfasst. musikalisch stimmte mike die besucher heute gut auf das im anschluss folgende live- und dj-set der britischen gäste ein.

bemerkenswert (ich wiederhole mich, ich weiss...) dabei die anlage, welche in verbindung mit dem angenehm darken licht ein fast schon techno-gründungszeiten-gefühl auslöst, nur eben mit etwas zeitgenössischerer musik als damals. das hieß konkret techno, house und dupstep, tech-step... whatever. das ist ja grade das schöne, was dupstep vor ein paar jahren für sich verbuchen kann, erst die sprengung der bisherigen sehr geraden techno-house-struktur, um sie dann später wieder einzufangen und zu vereinen.

die schwierigkeit dabei ist lediglich, dass hier- und da die tanzbarkeit verloren geht. einen umstand, den mike - eigenen worten nach - aber sehr gerne nutzt, um - wie er sagt - "... die wahrnehmung wieder anzuschalten". ein bekenntnis also gegen die monotonie. gut so!

im darauf folgenden live-set von shackleton wurde dieser aspekt auch noch einmal deutlich. wie nicht anders zu erwarten, war sein set über einige strecken hinweg nicht im klassischen sinne tanzbar. umso frenetischer wurden die "dance-parts" dann auch angenommen. das intro stellte das gut unter beweis, welches über einige minuten hinweg vor sich hin flirrte und waberte, bis dann eine (durch die anlage gut verstärkte) donnernde bassdrum alle erwartungen erfüllte. zumindest wieder für einige minuten.

sein set war m.e. recht experimentell und schwer einzuordnen. ein kompliment quasi, denn shackleton ist für seine künstlerische kreativität bekannt und diese limitiert sich eben nicht auf ein gewisses genre oder einen gewissen stil. da zählt mehr das gesamt-kunstwerk, wie es auch seine fabric-cd (nr 55) deutlich machte. neben ricardo villalobos, gehörte auch er zu den wenigen, die das format der fabric-cd nutzten, um nicht einfach einen beliebigen dj-mix abzugeben, sondern daraus so etwas wie ein album zu machen, sprich eigene produktionen (teilweise unveröffentlichte) in einen logischen zusammenhang zu bringen.

zusammen mit seinem (bisherigen) label-partner appleblim, kam es so auch zu skull disco. ein gesamtkunstwerk von einem plattenlabel, welchem eine fast schön mystische und geisterhafte aura verabreicht wurde. zum einen durch das artwork und zum anderen nicht zuletzt durch den sound. ein experimentierfeld jenseits jeglicher einschränkungen (allen voran die tanzbarkeit...).

wie auch immer, shackletons biographie ist vollgepackt und bändelang... die zusammenarbeit mit ricardo villalobos vor einigen jahren gab dem ganzen nur noch einmal mehr einen weiteren schub und öffnete seinem schaffen weitere aufmerksamkeit aus kreisen, die sonst sicher nicht oder nur unwahrscheinlich auf ihn gekommen wären. die jüngsten veröffentlichungen auf perlon records (eine von villalobos´s künstlerischen häfen) kann da sicherlich mit dazugezählt werden!

nach dem live-set übernahm appleblim, noch so ein vor kreatitivät triefender brite. wie gesagt, bis zu dessen einstellung labelpartner von shackleton bei skull disco, aber auch mit seinem eigenen engagement und schaffen hans dampf in allen gassen. mehr noch als shackleton, wird sein name und seine produktionen in die richtung dupstep geschoben. jüngst zusammen beispielsweise mit ramadanman.

aus der tanz- und club-perspektive heraus betrachtet, die schließlich ja nichts verwerfliches ist - ganz im gegenteil, gefiel mir sein set heute am besten. es war weniger experimentell, aber dennoch nicht monoton. im grunde war es gut techno-/house-lastig mit eben dieser oben beschriebenen "steppigen" note, welche sich im grunde durch einen scheinbar immer präsenten tiefen bass-groove ausdrückte. das ist als grundlage für ein schönes deepes set natürlich ein fantastisches fundament.

des späteren zog appleblim das tempo noch einmal an und ging damit in die vollen.

alles in allem ein guter auftakt für einen uns bisher nicht leibhaftig bekannten club. gute musik, offenes publikum (schließlich wird soviel experimentierfreude nicht überall so vorbehaltslos aufgenommen) und nahezu perfektes club-setting!

die groove hat recht...

auf dem (leider langen...) heimweg haben wir die "große" kamera noch ein wenig aus dem fenster gehalten, damit ihr euch unter der stadt essen auch was vorstellen könnt. also diejenigen unter euch (mich inclusive), die sich unter dieser ruhr-metropole bis dato nichts vorstellen konnten, hier ein kleiner unrepräsentativer rundumschlag... wie ihr sehen könnt, hat essen scheinbar im zweiten weltkrieg viele federn lassen müssen!

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