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Loveparade2000-Report
thx 2: Bert von DSO Productions


"One World – One Loveparade" Report über die 12. Loveparade

am Samstag, den 08.07.2000

Das Motto der diesjährigen Loveparade hätte nicht blöder sein können: "One World – One Loveparade" stimmt mittlerweile schon gar nicht mehr. Wien hat auch eine und die Parade im englischen Leeds ging sogar zeitgleich über die Bühne! Aber was soll´s, das Motto ist meist ebenso unerheblich wie die "politische Rede" von Herrn Doktor Mottenkiste, every July, saturdayevening an der "Gold-Else".

Wie immer haben Maxe und Motte den Song zur Parade geschrieben, diesmal unter dem vielsagenden Titel "Loveparade 2000". Genaugenommen stecken dahinter drei Leute: Der WestBam-Produzent Klaus Jankuhn, Maximilian Lenz (WestBam) und Matthias Roeingh (Dr. Motte). Wie immer hassen die einen den Song und lieben die anderen ihn, und wie immer ist auch die halbe Low-Spirit-Posse auf der 2-CD-Compi zur Parade vertreten (Hallo L.U.P.O.!).

Aber wie war´s denn nun in Börlin? Hier mal kleiner Eindruck von einem rheinischen Raver...

Freitag, 7. Juli 2000, 16.00 h, Düsseldorf Hauptbahnhof. Noch lassen sich keine Vorboten des größten Technoereignisses auf Erden in der NRW-Landeshauptstadt ausmachen. Also erstmal in die S-Bahn nach Dortmund, denn D-town ist für die Deutsche Bahn anscheinend so unerheblich, dass von hier kein ICE abends nach Berlin durchfährt.

19.00 h, Dortmund Hauptbahnhof. Kaum läuft der ICE ein, stürmen die ersten bunten Partypeople den ICE "Ferdinand Sauerbruch" und fallen über die letzten nicht reservierten Plätze her. Spätestens ab Bielefeld nimmt der ICE schon leichte Lovetrainzüge an und ab dem Expo-Städtchen Hannover wird´s so richtig gemütlich. Von wegen, die meisten reisen erst samstags an!

Gegen 23.00 h entleert sich der Zug am Bahnhof Berlin-Zoologischer Garten. Und hier scheint schon echt die Party abzugehen! Da wir bei Freunden im Ostteil der Stadt unsere Zelte aufschlagen, fahren wir bis zur Endhaltestelle Ostbahnhof.

In weiser Voraussicht machen wir freitagabends ´nen Ruhigen...besser ist das.

Samstag, 08. Juli 2000. Gegen 12.30 h machen wir uns auf den Weg zur Parade. U-Bahn, S-Bahn...HILFE hier sind ja nur Teenager drin! Naja, ab Haltestelle Friedrichstraße mischt sich das Bild schon etwas mehr. Laute Technomucke dröhnt durch den Bahnhof und Millionen Trillerpfeifen wollen unbedingt meine Ohr-Flimmerhärchen zerstören. Grrrrrr! Merchandising wo man hinschaut. "freenet.de" beglückt die Raver mit grünen Sun-Blockern. Zur Überraschung meines Kumpels machen die sogar die Lippen GRÜN! Ganz im Trend der Freenet-Farbe. Auch andere Firmen, vor allem aus dem I-Net- und Telekommuni-Bereich, bombardieren die Raver mit Werbeartikeln.

Als wir "Unter den Linden" entlang zum Brandenburger Tor schlappen, wird´s allmählich richtig voll. Raver, Bauchladenhändler, eine Art Kruschelmuschel-Flohmarkt auf dem Mittelstreifen mit zig Sonnenbrillen, T-Shirts und diesen gottverdammten Trillerpfeifen, die immer noch meine Gehörgänge quälen. Ist ja auch tierisch witzig einem mit 20 cm Abstand so´n Ding ins Ohr zu blasen. Als wir am Brandenburger Tor ankommen, ist die erste Pulle Sekt bereits leer, die Stimmung steigt, der erste halbe Film ist auch schon verknipst und dabei is noch nich´ mal halb 2!

Siehe da, ab dem Brandenburger Tor stehen die ganzen Wagen, fein säuberlich zweispurig aufgereiht, leider noch ohne Mucke...die bekannte Ruhe vor dem Sturm. Also tappen wir mitten durch die Wagenkolonne, immer mit Blick auf die Siegessäule. Hier und da ein paar Promis, ein paar Interviews an den Sattelschleppern und jede Menge verrückt gestylter Tänzer, Raver und sogar Omis!
Als wir kurz vor 14.00 h an der Siegessäule ankommen, wundern wir uns, dass die Wagen uns noch nicht eingeholt haben, so wie wir getrödelt, gegluckert, geknipst und mit Leutchen gequatscht haben. Nur komisch, dass man als Rheinländer hier nur auf Rheinländer trifft! "Hi, wo bist Du denn her?" "Aus Düsseldorf... und Ihr?" "Aus Köln...Leverkusen...Aachen..." Okay, ´n paar Holländerinnen waren auch dabei. Aber keine Berliner Schnautze, kein Bazi, kein Schwabensäckel oder Saarländer. Haben die sich alle versteckt? Oder war der "große Stern" nach Bundesländern unterteilt?!?
Es geht mitterweile auf halb 3, die Wagen sind immer noch ein gutes Stück von der "goldenen Else" entfernt, also mal eben ´n paar SMS an Freunde schicken. Wenn da nicht das Problem mit der Netzüberlastung wäre...naja, nach´m dritten Versuch gingen die Messages dann doch raus.

Tja und nun? Hier rumstehen und auf die Musik warten? Nö, gehen wir doch einfach den Wagen entgegen, die vom Ernst-Reuther-Platz kommen! Gesagt, getan, kamen wir keine 500 m weit, da sind wir schon neben der VIVA-Bühne klebengeblieben. Inzwischen hat es der Rave-Convoy auch geschafft, hier einzutrudeln und so sind wir schnurstracks auf die Straßenmitte zugestrebt. Besonders positiver Effekt dieser Stelle: Sowohl vor als auch hinter uns sind die Wagen vorbeigezogen! War es auf der einen Seite langweilig oder eine Lücke (und da gab es einige!), einfach rumdrehen und die anderen Wagen anfeiern. Ausserdem war es mittendrin auch nicht ganz so laut wie am Straßenrand...glaube ich zumindest. Okay, der mitlaufende MiniDisk-Recorder hat trotzdem bei jeder lauten Bassdrum nur "Urhmpfff, urhmpfff, urhmpfff" aufgenommen. Klingt gar nicht mal so toll...so ´ne fette Übersteuerung, aber egal.

Und die Stimmung? Einfach klasse! Alles am Zappeln, Feiern, Trinken (jaja, das alte Klischee), Trillerpfeifeln, Kreischen und Armwippen. Einige der Raver haben sich dermaßen ins Zeug geworfen und solch tolle Kostüme gestylt, dass es so manchem CSD-Gänger oder Rosenmontagsfetischisten die Schamesröte ins Gesicht treiben muss. Schade nur, dass ich nicht der einzige mit blauem Bart war. Aber blau war die "Kopffarbe" der Saison, jedenfalls bei den Kerls. Blaue Bärte, Haare, Augenbrauen....ganze blauköpfige Cliquen wurden gesichtet! Nur gut, dass Petrus ein Raver ist und nur mal ein paar Tröpfchen zur Erfrischung am Nachmittag fallen lies. Hätte es den befürchteten Wolkenbruch gegeben, wären jedenfalls wir blauen mit unserer One-Night-Colour im Haar ganz schön zerlaufen.
Und die Wagen? Teils nicht ganz so doll wie erwartet (Hallo "Loverstern Galactica"!), teils echte Highlights. Mr. X & Mr. Y haben sich natürlich auf dem Electric-Kingdom-Wagen feiern lassen und das rheinische Duo Piet Blank & Jaspa Jones hat sich dieses Jahr auch einen eigenen Wagen gegönnt. Wer nur irgend etwas mit Techno/House und Partykultur zu tun hat, war dabei. Ob aus Würzburg, die Saarländer mit ihrem Flash/KuFa-Wagen, das Tribehouse aus Neuss oder das deutsche Technostammblatt Raveline aus´m Pott, alle waren dabei. Natürlich auch DJ-Connection!
Und was war mit Herrn Fischer? Nein nicht der mit den Turnschuhen und dem Anzug. Der mit dem weißen Lockenkopf! Gottseidank hat fast keiner mitbekommen, was man im Fernsehen der ARD verfolgen konnte: Tscherno Schobbatei (oder wie der heißt) und Gotthilf Fischer stimmen gemeinsam "Hoch auf dem gelben Wagen" an, unterlegt von einem trashigen Pseudo-Techno-Beat...und fast keiner sang mit! War vielleicht auch besser so. Wo kommen wir denn hin, wenn nächstes Jahr die Hitparade der Volksmusik von der Loveparade übertragen wird, ganze Mallorca-Kegelclubs hier einlaufen oder Fußballfans im stilechten Fanoutfit erscheinen? Letzteres wurde ja leider schon dieses Jahr gesichtet.
Trotz der vielen Techno-Touris war die Stimmung wie immer geil, die Leute gut drauf, wenn einem auch regelmäßig auffällt, dass die Armgerangel-Aggression gegen Abend (vor allem an der völlig überfüllten Siegessäule) zunimmt. Wenn Marusha und Konsorten dort im Minutentakt wechseln, geht fast nichts mehr. Einmal über den halben Platz zu kommen hat uns eine ganze Menge blaue Flecken, Schweiß und eine gute halbe Stunde gekostet. Aber so ist das nunmal, wenn sich alles zur größten Open-Air-Technodisco des Erdballs versammelt. Komisch nur, dass die meisten Star-DJs zum Start ein so mieses Set auflegten. Aber auch das scheint ja leider jedes Jahr Tradition zu sein.

Auch kleine Fluchtversuche in den Tiergarten, zwecks kleiner Regeneration, blieben erfolglos. Kein ruhiges Plätzchen weit und breit. Fast voller als auf der Paradestrecke erstreckt sich das Menschenmeer zwischen Bäumen und Sträuchern in staubigen Rauchwolken.

Gegen halb 9 sind wir "schon" völlig am Ende. Immerhin latschen und zappeln wir jetzt schon 8 Stunden durch die Gegend, dem Alkohol nicht ganz abgeneigt. Aber genug ist genug. So kamen wir auch leider nicht mehr dazu, abends auf einer der dutzenden Partys abzufeiern – der Ofen war einfach aus für dieses Jahr.

Aber auch egal, schließlich hatten wir ja noch Sonntagabend im ICE zurück ins Rheinland ein bischen Ravefeeling. Von Bahnhof-Zoo bis Bielefeld (!) platzte der Raver-überladene ICE aus allen Nähten. Auf den Gängen lag man kreuz und quer...echt anstregend das Ganze. Aber schön war´s trotzdem.

Und auch wenn alle sagen, die Loveparade sei nicht mehr das, was sie mal war, wird schonmal das zweite Juliwochenende 2001 freigehalten. Denn der einzig wahre "Technokarneval" ist nur einmal im Jahr und zwar in Berlin und auch immer wieder ein geiles Erlebnis mit einer nahezu unbeschreibliche Stimmung...oder liegt das vielleicht an der "Berliner Luft, Luft, Luft...".

 

Bert Niedermeyer – Danceproducer/Audioengineer/Writer

Düsseldorf - Germany

Contact: DSO-Productions@gmx.de

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