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funkenflug

saalgärten - rudolstadt

04.03.2011

[anm.d.red.:
1. Bild, das; -[e]s, -er [mhd. bilde = bild, gestalt, ahd. bilidi = nachbildung, abbild; gestalt, gebilde
2. bei szenemag für gewöhnlich ohne nachbearbeitung in "reinform". keine verwendung von farb- oder sonstigen filtern, keine manipulation, what you see is what you get! evtl. zu sehende verformungen und lichteffekte entstehen ausschließlich auf grund der gegebenheiten vor ort sowie ggf. unter verwendung eines konventionellen fotoblitzes.
3. die umrandeten fotos sind mit groß-formaten hinterlegt. auf wunsch
mailen wir euch auch gerne die original-größen.]
 

dieses wochenende war sehr begehrt bei den veranstaltern und bei uns natürlich auch... freitag ließ der christian h. schonmal die geplagte seele baumeln, bitteschön:

"... Man kann es heute als eine Seltenheit betrachten, ein Wochenende gänzlich ohne das Sichten eines grellen, leuchtenden Apfels vor Augen erlebt zu haben. Ja, ich mach keine Scherze! Jede Präsenz eines Laptops - spezfizieren wir das doch gleich genau: Apple MacBookPro - blieb aussen vor und anstelle dessen beherrschten die guten, alten Turntables und anderes analoges Equipment das Bild. Vinyl lebt - und das ist gut so.

Bevor ich mich meinem "exotischen", sonntäglichem Karnevals-Umzug - wohlgemerkt "auf meine Art" - widme, möchte ich mit den folgenden Zeilen auf den Freitag zu sprechen kommen, welcher für uns den Berliner Sven Weisemann im Rahmen der Funkenflug-Veranstaltungsserie in den Saalgärten in Rudolstadt vorsah. Neben ihm füllten an jenem Abend Daniel Hauser, Thomas Stieler und zu guter letzt Oliver Goldt das musikalische Programm.

Besonders die Person Weisemann gab allen Grund dafür, diese Funkenflug-Party näher ins Visier zu nehmen. Erhitzt er doch zur Zeit - wenn nicht weiterhin (!) - viele Gemüter, nicht zuletzt durch sein brandaktuelles, auf dem Hamburger Label Fauxpass Music erschienenes Ablum "The Invisible Insurrection". Von der großen Ästhetik vergangener Produktionen ganz zu schweigen, sei an dieser Stelle erwähnt: Man beachte doch nur mal den Aufwand für die Cover- und Artwork-Gestaltung für sein vorangegangenes - bzw. Debüt - Album "Xhine" (einzusehen u.a. auf Facebook)!

Seine feinsinnige, leidenschaftliche und grazile Handschrift ist an allen Ecken und Kanten erlebbar, wenn man sich etwas näher mit diesem Menschen befasst. Erlebbar eben auch am Samstag in den Saalgärten, ein im Gewerbegebiet Rudolstadt gelegenes mulit-kulti Veranstaltungszentrum, wo ab und an schon etliche Funken-"Flüge" abgeschossen wurden. Erwartungsvoll sahen wir diesem Date demnach entgegen.

Die beim Ankommen uns entgegenflatternden, wollig-warmen Klänge (obgleich die Soundqualität des dort installierten Soundsystem nicht immer mit diesem Adjektiv geschmückt werden kann…) besonnten schonmal unser Gemüt und gaben keinen Anlass, die Redewendung: "Es geht ja schonmal gut los" als - wie sonst üblich - ironisch aufzufassen. Es ging tatsächlich gut los, gebührend sei Dank den Herren Hauser und Stieler!

Waren es diese, die von Anbeginn der Veranstaltung - 22:00 Uhr - bis zum Set des "Headliners" (ich gebrauche dieses Wort recht ungern…) Weisemann den großen Raum beschallten, in bekannter Manier eines Back2Back-Auflegestils. Schwungvoll schickten sie die Gäste an und trieben die Stimmmung nach oben, so sollte auch für jedermann festgestanden haben, dass der mäßig gefüllte Dancefoor zur Stichzeit 24:00 Uhr nur eine "flüchtige" Erscheinung sein sollte.

Ihr Sound ist vorwiegend einzugrenzen in Disco- und House, wobei das Wort "einzugrenzen" im Nachhinein sicherlich deplaziert wirken mag, ist man sich im Klaren um die musikalische Vielfalt, welche im Laufe der Nacht aller zur Schau gestellt wurde. So war das Set von den überwiegend - noch (!?) - regional umtriebigen Daniel Hauser und Thomas Stieler (aka "Stylo") geradezu bezeichnend für alles "Kommende".

Keine Grenzgemäuer, kein Schubladendenken, keine Konventionen. "Free your mind!" - im wahrsten Sinne des Wortes. Und in diesem Fall sind diese Umstände eben nicht nur auf die "Producing-Maxim" eines Sven Weisemann zu beziehen. Die Zeiten befinden sich im Wandel und verglichen mit den 90ern - der Blütezeit des Techno - hat sich auch einiges in der Musikkultur getan: Prinzipien geändert, Regeln geschärft, Ordnungen manifestiert… und so weiter und so fort.

Ordnungen manifestiert: Es scheint ein Unding zu sein, Musik verschiedenster Spielgärten wie HipHop, Funk, Soul, Jazz, House, und natürlich Techno von den DJ´s zu einem Brei zu mischen und an die Audience innerhalb einer Nacht an einem gemeinsamen (!) Ort auszuschütten - wie "damals" (vgl. legendäre Clubs wie Hacienda, Omen, usw…….). Zugegenermaßen kann ich mich mit diesem Gedanken persönlich auch nur schwer anfreunden. Aber so ist das eben - der Gedeih der Zeiten.

Um zu jener hier zu beleuchtenden Nacht zurückzukommen: In eben dieser wurden gewisse "Ordnungen" - genauer: Schemata und Prinzipien des in Deutschland allseits bekannten Minimalismus und ferner: Techno - aufgebrochen und die altbekannte Rezeptur solcher vorherrschenden Musik der elektronischen Musikszene aus allerlei bunten Töpfen und "Backmischungen" versüßt. Was für eine kulinarisch-verspielte Götterspeise!

Nein, ich rede hier nicht von diesem farbenfrohem Wackelpudding, es ist die Rede von der Musik des Berliners Sven Weisemann! Ein beachtliches und ebenso mutiges Set, forderte es doch das Publikum ungemein. Denn man bedenke: Der Geist, die Strukturen, die Anleitung solch "gehobener" Musik muss erstmal seitens des "Otto-Musik-Normalverbrauchers" verstanden werden! Und es hat eben nicht jeder jene musikalische Veranlagung wie der Herr hinter den Turntables!

So möchte ich meinen, war die Stimmung ganzheitlich eher "verhalten" - um es so zu sagen. Vlt. sogar erstaunlich, dass sich dennoch so viele Leute auf der Tanzfläche eingefunden haben und zu dieser Musik getanzt haben. Eine Musik, welche einen gewissen Anspruch an die Zuhörer stellt und nicht auf einem seelenlosen, monotonen Ryhtmusgerippe aufbaut - wie so oft der Fall. Den "Big-Room-House" und die "Hyper-Hyper"-Dance Musik findet man in der nächsten Großraumdisse um die Ecke!

Selten hab ich so vertrackte und gleichzeitig (!) i-wo logische, nachvollziehbare Musik gehört! Besonders die Schnittpunkte der Tracks im Set konnte man allzeit mit Spannung erwarten, so unterschiedlich fielen sie aus. Das Spiel mit dem Beat, das Gespür für Laut und Leise und Sinn für eine ästhetische Abfolge unterschiedlicher Stile sollten einen aufhorchen lassen. Weisemann´s prägnante Spitzfertigkeiten und eigentümliche - im positiven Sinn - Handhabung des schwarzen Polyvinylchlorids unterstrichen seine Leidenschaft zur Musik und Auflegetechnik.

Mit Bedauern zu betrachten, jedoch nicht unbedingt als "Tragödie" zu verurteilen (da unsere Gelüste im Verlauf des Abends schon ausreichend gedeckt worden sind), das Faktum, dass wir Oliver Goldt nicht mehr zu Hören bekamen! Sicherlich bot er nicht minder als seine Vorgäner eine qualitativ hochwertige Musik und es bleibt zu hoffen bei der nächsten Gelegenheit seiner überaus hochgradig reizenden Musik (siehe Review Manga Club) Ehre erweisen zu können. Als treuer Verfechter und passionierter Liebhaber des "schwarzen Goldes" verweis ich untenstehend auf interessante Links.

Summa summarum: Die bemerkenswerte Musik aus der Feder der Querkopf-Riege lies in meinen Ohren Funken schlagen, und mit Sicherheit nicht nur bei mir! Mit Sven Weisemann hat man auch einen wahren Glücksgriff gelandet und man darf sich auf weitere Funkenflug-Veranstaltungen freuen, welche sicherlich wieder mit aussergewöhnlichen Acts aufwarten lassen. In diesem Sinne: Be open minded!

..."

http://soundcloud.com/svenweisemann

http://www.discogs.com/Sven-Weisemann-Groove-CD-119N28/release/1819679

http://www.schoene-freiheit.de/

http://www.fatplastics.com/service/ueber-uns.html

2011 by bullytm, text & pics by christian h.] - powered by STORM Urban Water H2O + ENERGY !





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