[anm.d.red.:
1. Bild, das; -[e]s, -er [mhd. bilde = bild,
gestalt, ahd. bilidi = nachbildung, abbild; gestalt,
gebilde
2. bei szenemag für gewöhnlich ohne
nachbearbeitung in "reinform". keine verwendung von farb-
oder sonstigen filtern, keine manipulation, what you
see is what you get! evtl. zu sehende verformungen
und lichteffekte entstehen ausschließlich auf grund
der gegebenheiten vor ort sowie ggf. unter verwendung
eines konventionellen fotoblitzes.
3. die umrandeten fotos sind mit
groß-formaten hinterlegt. auf wunsch
mailen
wir euch auch gerne die
original-größen.]
taken
from our archive...
der in
berlin lebende ricardo villalobos war heute zu gast in
hannover. ähnlich wie christian wulf, der
zukünftig wohl auch wieder öfters in hannover
zu gegen sein wird, ist ricardo eigentlich
regelmäßig hier vor ort. letztes mal lt.
unserer rechnung (siehe archive-auszug oben) in 2009.
das mit
dem regelmäßig ist bei ricardo aber so eine
sache. er ist nicht gerade mit einem schweizer uhrwerk
vergleichbar, sondern eher mit einer dieser
dahinschmelzenden uhren aus einem dalí
gemälde. der ein oder andere veranstalter wird davon
ein liedlein singen können (allen voran die
erfurter, siehe review
2008).
wenn
hier von regelmäßig die rede ist und ihr
wohlrecherchierend feststellt, dass er ja nun heute in
2012 und letztmalig 2009 in hannover zu gegen war, dann
trifft das dennoch den sinn, den ich damit meine. denn
ricardo villalobos zu buchen, ist mittlerweile scheinbar
schwieriger geworden, als eine mondfinsternis
mitzuerleben.
doch
das muss nichts schlechtes bedeuten, im gegenteil. soweit
wir das beurteilen können, spricht es eher
dafür, dass sich ricardo etwas aus dem rave-zirkus
zurückgenommen hat. dass er sich eher um sich
selbst, seine familie und seine musikproduktionen
kümmert, als unentwegt "on the road" zu sein. denn
die großen festival- und international-termine sind
natürlich ein muss (schon alleine wg. der
altersvorsorge...), sodass wenig zeit/platz/raum bleibt
für kleine clubdates.
als ein
solches kann man das heutige (positiv gemeint) durchaus
bezeichnen, denn der club engel
07
hier in hannover ist ein richtiger club, wie ich ihn mir
optimalerweise vorstelle. nicht zu groß, im keller
eines hauses untergebracht, gut mit lautsprechern
ausgestattet und mehr dark als bright.
wir
sind anno 2008 auch schon einmal hier gewesen, als die
(seinerzeit noch als brothers auftretenden)
wighnomys spielten. einen abend, an den wir auch
heute noch gute erinnerungen haben.
heute
also noch mehr full-house als damals in 2008, denn wo
ricardo spielt, ist das haus weltweit immer voll!
gegen
00.45uhr verwunderte es also auch nicht, dass der club
bereits aus diversen nähten platzte und dennoch
weiterhin eine schlange vor der tür anzutreffen war.
dennoch gings friedlich und sehr gesittet zu. die
(ausnahmsweise mal wirklich...) äußerst
sympathischen türsteher hatten draußen alles
im griff und drinnen gabs im prinzip keinen anlass zu
aggression (von einer kleinen diskussion im raucherraum
mal abgesehen... raucher eben ;) ...).
die
frage, wann ricardo genau auflegt - siehe
einleitung - stellt sich somit im prinzip nicht. man wird
es wohl selten erleben, dass er "punkt irgendwas"
anfängt. 20min verspätung sind ehrensache und
somit ist man als veranstalter immer gut beraten, lieber
kein lineup bei einer ricardo-nacht auszuhängen. und
der dj, der vor ihm spielt (heute ein ausgezeichneter
[anderer] hannoveraner: mario aureo),
sollte immer darauf gefasst sein, sein dj-set so
anzulegen, dass es ohne weiteres mal eben 1-2h
verlängerbar ist (was für einen guten dj auch
kein problem ist).
mario
aureo
hatte auch keine probleme, die erwartungsfrohe menge bei
laune zu halten. wundert uns auch nicht, da - ohne ihn
bisher gekannt zu haben - sein kalender vollgepackt ist
mit dates in berlin (seiner aktuellen wahlheimat),
schweden, zürich, dresden und natürlich
hannover (seiner heimat als solchen).
gutes
set, solider sound, groovig, hier- und da auch etwas
angemessen knallig. somit bereits gegen 2uhr siedende
stimmung, wie man sich das eben wünscht. um das
dj-pult herum waren die plätze heiß begehrt
und (dann doch etwas...) umkämpft. scheinbar wusste
jeder, dass wenn er jetzt aufgibt, er danach nicht mehr
so einfach in sichtweite zum dj-pult vordringen
können wird.
was
(aus sicht eines fotografen) auch ein wenig nervig werden
kann... aber das bringt die popularität, wie sie
ricardo nun einmal zweifelsohne besitzt, eben mit sich.
so war im prinzip kein halten mehr, als ricardo gegen
2.30uhr erschien. ist schon interessant zu sehen, dass
seine person diesselbe faszination auf das junge publikum
ausstrahlt, wie auf uns einst vor 10-15 jahren auch.
musikalisch
ging es in der folge routiniert und gewohnt qualitativ
zur sache. d.h., so kenne ich das von ihm, er strippte im
vergleich zum vorgänger die spuren-dichte der tracks
erstmal auf eine rythmisches minimum herunter. so kennt
man seine dj-sets, deep und (das wort beschreibt es
nunmal am besten) minimal. kein unnötiger
schnickschnack.
es
scheint weiterhin so, als habe er für sich die alles
erklärende formel von musik gefunden, die er gekonnt
auf jede platte bzw. jeden beat runter dekliniert, der da
den cd-player oder die plattenspieler erreicht. aus
diesem gerüst heraus scheint immer eine gewisse
tanzbarkeit und immer ein grundlegender groove heraus.
klar, peaktime musik, wie man sie z.b. von den ed banger
leuten her kennt, ist seine sache nicht. das große
ganze steht bei seinen sets im vordergrund, eine sehr
langsam erzählte geschichte, welche, wenn man sich
darauf einlässt, später immer in einem
überraschenden happyend mündet.
er ist
und bleibt eben ein gefühlsmensch, einer dem der
vibe wichtiger ist, als das kühle berechnen
kurzfristiger höhepunkte. es kommt schließlich
nicht von ungefähr, dass wesentliche teile der vor
einigen jahren begonnenen afterhour-kultur (welche
mittlerweile ihre wie auch immer zu bewertenden züge
angenommen hat) eben auf seine ausschweifenden und nie
enden wollenden sets zurückgeht.
dennoch
ist wiederholung in künstlerischer hinsicht so
garnicht sein ding (was auch ein stück weit
erklärt, dass die dj-gigs weniger geworden sind).
ganz im gegenteil, gerade in 2011 hat er zusammen mit max
loderbauer aus dem ecm-records
archiv ein album geschaffen, was weit respektiert wurde,
auch über die grenzen elektronischer musik hinaus
(denn das besagte ecm-label hat mit zeitgenössischer
dancemusic eher wenig zutun, eher mit anspruchsvoller und
experimenteller elektronik).
so war
es, wie immer, eine freude ricardo beim spielen zu
zusehen und zu zuhören. denn diesen fehler machen
doch immernoch zu viele (gerade die jüngeren im
publikum), mehr auf das sichtbare, als auf das
hörbare zu achten und dafür spielt es eben
keine rolle, ob man in sichtweite des djs
steht.
in
diesem sinne, danke an proevent für das
unermütliche buchen von ricardo und hannover im
allgemeinen für die tolle nacht!