[anm.d.red.:
1. Bild, das; -[e]s, -er [mhd. bilde = bild,
gestalt, ahd. bilidi = nachbildung, abbild; gestalt,
gebilde
2. bei
szenemag für gewöhnlich ohne nachbearbeitung in
"reinform". keine verwendung von farb- oder sonstigen
filtern, keine manipulation, what you see is what you
get! evtl. zu sehende verformungen und lichteffekte
entstehen ausschließlich auf grund der
gegebenheiten vor ort sowie ggf. unter verwendung eines
konventionellen fotoblitzes.
3.
manche fotos sind mit groß-formaten
hinterlegt. auf wunsch mailen
wir euch auch gerne die
original-größen.]
unsere
nachtdigital experiences der vergangenheit aus unserem
archive
auch
zum wiederholten male lässt es sich unser christian
nicht nehmen, vom nachtdigital
zu berichten. 17. ausgabe davon, auch wenn wir bisher
"nur" zehn davon hier bei szenemag vorweisen
können:
"...
nun denn. Auf ein Neues. Mit unserer Berichterstattung
hier auf Szenemag über das bunte Treiben auf den
Festivalwiesen hier und dort. Gelingt der kurze Abriss
doch allzu oft, gibt es dann und wann auch
"Ausnahme-Wochenenden" - in positiver Hinsicht, über
welche zu schreiben größere Anstrengungen
erforderlich sind. Salopp gesagt: Weil es so schön
war und man so viel zu erzählen hat.
Das
erste August-Wochenende ist bekanntlich immer so eines
von der Sorte.
Man
sitzt vor dem weißen Blatt Papier (oder besser dem
weißen Leer-Dokument des Textverarbeitungsprogramms
des Vertrauens) und weiß nicht wo man anfangen
soll. Bis ich diesen Text hier schreibe sind zwar schon
ein paar Tage ins Land gezogen, aber die Bilder und
Erinnerungen sind immer noch nicht geordnet. Wenn denn
das überhaupt geht. Aber muss man ja nicht.
Man
kann auch einfach "drauf losschreiben" und schauen was
passiert. Oder sich inhaltlich ganz abstrakt auf Distanz
halten, ganz dem inneren Bauchgefühl - oder besser:
Wohlgefühl (so schnell geht das einfach nicht
weg
) - nach. Da verweis ich gleich nochmal auf
einen der letzten Berichte über jenes Event,
anno
: 2011. Man klicke auf den LINK.
Liebe
Leute. KEINE SORGE. Mit diesem Text hier möchte ich
mich nicht mal ansatzweise an jenem "Pseudo-"Text von
2011 anlehnen! Ich "mach´s" mal ganz sachlich.
Zumindest versuche ich das. Liebe Emotionen: Verschwindet
bitte - JETZT! Danke! Die Gefühlsduselei von mir
abgeschüttelt, beginne ich euch nun von dem vlt. -
schlichtweg - BESTEN Festival der Technoszene in
Deutschland (Fusion hin oder her
) zu
erzählen.
Nachtdigital.
Wir schreiben das Jahr 2014. Die 17. Runde. Ja, seit 1998
hat sich der Zirkus schon einige Male auf den Kopf
gestellt. Rein zahlenmäßig fehlt noch ein
Jahr, aber kennt man das Nachtdigital in- und auswendig,
so weiß man: Die Volljährigkeit ist
unlängst erreicht. In welchem Sinne? Anders gefragt:
Mit welchen Dingen verbindet man den Begriff
"Volljährigkeit"? Naja, z. B. mit "erwachsen" sein
(zumindest im juristischen Sinne). "Reif". Die Sache mit
der "Vernunft" kann man in diesem Bezug auch anbringen.
Vernünftig genug, die Festivalgröße auf
3000 Köpfe - über alle Jahre hinweg - zu
limitieren (sei es auch zum Teil geschuldet durch die
Platz-Kapazitäten des Ortes), zu Gunsten der
besseren Atmosphäre und vor allem (jetzt wird's
wieder bunt): des größeren
"Glückes".
Das
Glück, dem "elitären Kreise" derer
angehören zu können (die Tickets sind verdammt
knapp
), welche für ein Wochenende ein
Stückchen Lebenszeit an diesem Fleckchen Erde
verbringen dürfen. Die Annehmlichkeiten dieses Ortes
waren noch nie so deutlich spürbar wie in diesem
Jahr für mich. Hält man sich im Laufe des
Jahres doch einfach, wenn auch ungewollt, oft an
"bedeutungslosen" Orten auf. Orte, an welchem die
Menschen nicht passen oder mindestens "langweilig" sind.
Orte, an denen die bereits besagte Atmosphäre nicht
stimmt. Oder Orte, wo es ganz simpel um die immer
gleichen, oberflächlichen Dinge geht.
Natürlich, für Otto-Normal-0815-Partymaus
"reichts" auch, einfach das Radio anzuschalten. Und die
Party geht los. Ja, es kann simpel sein.
Aber,
Leute, wir wollen mehr. Mehr Tiefe. Auch wenn das
Einfache oft mehr ist. Paradoxerweise gehen auch dem
Einfachen Ausflüge in manche Tiefen voraus, um es
verstehen zu können. Ach, die Welt kann so
kompliziert sein. Oder auch so einfach (nun bin ich aber
ganz durcheinander
). Fakt ist, wer erwartet, auf
dem Nachtdigital auf dem Silbertablett nur leichte Kost
serviert zu bekommen, liegt falsch (der kann dann
trotzdem das Radio anmachen, oder einfach aufs
"Tomorrowland" gehen
).
Kunst
kann auch weh tun. So für nicht wenige auch zwischen
2 und 3 im Mondschein am Samstag früh.
Als
Samuel Kerridge mit den Maschinen
verschmolz, und aus Ihnen das unheimlichste Zischen und
Quietschen und Heulen quetschte. Ohne Rhythmus. Dann
tanzt man halt eben mal nicht. Aber vlt. kann man auch
einfach mal angewurzelt stehen bleiben, ganz ohne
"Gemeinsam-in-die-Luft-Springen" und
"Alle-Lieb-haben-und-mit-Konfetti-übergießen",
und versuchen der befremdlichen Situation etwas
abzugewinnen. Dem manchen Leid, dem anderen Freud. Freud
z.B. daher, mit, salopp gesagt, "kranker" Musik
überrascht zu werden. Mitten zur Primetime Samstag
Früh. Ja, man kann darüber streiten, ob der
Slot seitens der Veranstalter sinnreich gewählt ist.
So viel düstere Musik in so finsterer Nacht. Aber
wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch
Wie
steht es im wie immer besonders-aufgemachten
"Begleitheftchen": "Den Ritt in die Sonne übernimmt
dann Clara Moto
" Also raus aus
dem "Doom-Techno" des vorher genannten Produzenten, rein
ins
Vergnügen? Für viele schon. Man
konnte zumindest wieder das Tanzbein schwingen. So ganz
nebenbei sind wir auch schon bei dem Kern der Sache
angelangt: Das Nachtdigital besticht - meiner Meinung
nach - stets mit gekonnter Balance im Booking bzw. in der
Musikauswahl: Sperrige, verkopfte
Ambient-Techno-Experimente geben sich die Hand mit
eingängigem, ja fast schon, "Techno-Pop" á la
Innervisions. Der gut tanzbare
Schunkel-Standard-Deep-House steht neben der harten
Bassline aus dem Techno-Kosmos. Oder lass es ganz
easy-bubiesi 80er-Musik sein. Ganz ohne Techno.
Spätestens
mit dem letzten Act am gesamten Wochenende weiß
man: Wenn der gewisse Euphoriepegel des Publikums
erreicht ist, kann man sich - fast - alles erlauben. Ort,
Zeit und vor allem, MUSIK, wird nur noch Nebensache. Es
zählt der Moment. Und das ist das Glück. Wenn
man sich um nichts mehr Gedanken machen muss. Außer
vlt. noch ein bisschen Obacht geben, dass man - sofern
man barfüßig "unterwegs ist" - an richtiger
Stelle tritt.
Oder
viel mehr aufpassen, dass man sich vor lauter Freude
nicht in den Erdboden stampft. Sonntag Nachmittag, 14:00,
als Job Jobse, der Resident von
unserem allseits geliebten Trouw in Amsterdam, sein
Stelldichein auf dem ND gab. Um zur Abwechslung mal
wieder - ich tu das ja so selten - persönlicher zu
werden: Der beste Moment in diesem Jahr für mich.
Ein kollektiver Wahnsinn, mit den richtigen Menschen, mit
dem sympathischsten DJ Ever (ever, ever
), und mit
80er Musik. Den Job lässt man bei seinem
Stagediving-Ritt dann auch nicht so schnell fallen (JA,
richtig gehört! Er schmiss sich in die Menge!). Man
braucht ihn ja noch. Vlt. ja schon fürs nächste
Jahr wieder. Ich persönlich kann mich in den
vergangenen fünf Jahren an keine so gute
Abschiedssause auf der Seebühne, welche nun den
Namen "Düüdoom" trägt (sämtliche
Bühnen firmieren nun unter solch exotischen Namen!),
erinnern.
Fakt
ist, bei solch unterschiedlichen Musikgenres, welche es
auf den drei Bühnen - der oben Genannten, der
"Splatatazongg" (Open-Air-Stage) und der "Fatzkenstadt"
(Zelt) - zu hören gab, sollte doch für alle
etwas dabei gewesen sein. Außer vlt.
"Heatsick" von 3-4 Samstag morgen.
Den mal außen vor gelassen. Wobei, ein ganzes Zelt
leer zu spielen (übertrieben ausgedrückt) ist
auch ne Kunst. Das war dann wohl zuviel des Guten. Zu
viel Rhythmus. Hätte sich Samuel
Kerridge ein paar Scheiben von dem Rhythmus
abgeschnitten, wären die Musiken beider evlt.
aufgegangen - für die Masse (mir hats gereicht).
Zu
meckern gibt´s ja immer etwas. Die einen fanden den
im Geheimen gehaltenen (surprise surprise!)
James Holden-Auftritt verkorkst (zu
viel "Gedüdel"), die anderen haben genug von dem
stereotypen Innervisions-Sound eines
Dixon. Letztendlich ist Musik
Geschmackssache. Und letztendlich sollte jeder Gast
"sein" eigenes Nachtdigital erLEBEN. Wenn nicht
spätestens bei Job Jobse, dann mit dem letzten Act
auf der Open-Air-Stage. Die "Primetime" sozusagen:
Sonntag früh.
Die
alten Haudegen Robag Wruhme und
Roman Flügel. Dazu muss man
dann aber wirklich keine Worte verlieren. Höchstens
noch diese: Da gab es auch wieder DEN Moment, an welchem
man die Energie in der Luft zu sehen glaubte: Auf dem
Track von Jürgen Paape "So weit wie noch nie" (wer
kennt ihn nicht?) gab es leidenschaftliche
Sitting-Ovations. Mensch, hätte ich damals nur etwas
anderes gelernt, dann könnte ich jetzt - bestimmt
(!!!) - auch da vorne auf der Bühne stehen
;)
Besonders
hervorzuheben ist des weiteren:
Manamana. Manamana halt. Klassisch
gut. Randweg.
Eine
Band-Formation mit Klarinette, Gitarre, E-Bass und
Cajón, welche den Samstag Abend auf der
Open-Air-Stage einleiteten.
Der
"Sound of the Dutch West Coast" von
Legowelt. Aber was für ein Typ.
Er hat sich regelrecht zerrissen an oder mit seinen
Gerätschaften. Eine Achterbahnfahrt im Zelt.
Und
direkt danach der letzte Act des diesjährigen
Festivals im Zelt: Optimo. Nein, im
Zelt konnte man Samstag Nacht nicht viel falsch machen
(Headstick hat ja am Freitag schon gespielt
).
Nicht
unerwähnt lassen möchte ich die meiden
Mädels, welche jeweils das Musikprogramm am Freitag
Abend, traditionell Punkt 09:00 Uhr, einleiteten: Auf der
Open-Air-Stage Olivia, eine
Entdeckung vom polnischen Unsound Festival, und im Zelt
Elisabeth (bekannt aus ihrem
Stammladen "about blank" in Berlin und dem Leipziger
"Conne Island"). Die Qualität des Sets von Olivia
kann ich selbst bestätigen. Von dem Set von
Zweiterer hab ich meine Mitmenschen nur schwärmen
gehört. Man kann sich leider nicht zerteilen. Eine
gute Entscheidung, die Bühnen mit zwei Frauen
eröffnen zu lassen. Und wenn das wohl mal kein
Statement ist
ESCAPE
TO OLGANITZ! Treffender könnte der Titel der
Nachtdigital-Verfilmung, welche es mit der
diesjährigen Austragung erstmals auf DVD zu kaufen
gibt, nicht lauten. Wären wir wieder bei meinen
einleitenden Worten:
Weg
von dem Alltags-Trott, rein ins Paralleluniversum
Nachtdigital. Für mich gibt es keinen
vergleichsbaren Ort, zumindest in Sachen Festivals, wo so
viel Gutes gleichzeitig zusammenkommt: Gute Menschen,
Gute Musik bzw. "Kunst", Gutes Essen (diesmal "noch"
gesünder mit regionalem und nachhaltigem Essen!) und
vor allem:
"Great
atmosphere!"
..."