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nachtdigital 17

bungalowdorf - olganitz

01.-03.08.2014

[anm.d.red.:
1. Bild, das; -[e]s, -er [mhd. bilde = bild, gestalt, ahd. bilidi = nachbildung, abbild; gestalt, gebilde

2. bei szenemag für gewöhnlich ohne nachbearbeitung in "reinform". keine verwendung von farb- oder sonstigen filtern, keine manipulation, what you see is what you get! evtl. zu sehende verformungen und lichteffekte entstehen ausschließlich auf grund der gegebenheiten vor ort sowie ggf. unter verwendung eines konventionellen fotoblitzes.

3. manche fotos sind mit groß-formaten hinterlegt. auf wunsch mailen wir euch auch gerne die original-größen.]

unsere nachtdigital experiences der vergangenheit aus unserem archive
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auch zum wiederholten male lässt es sich unser christian nicht nehmen, vom nachtdigital zu berichten. 17. ausgabe davon, auch wenn wir bisher "nur" zehn davon hier bei szenemag vorweisen können:

"... nun denn. Auf ein Neues. Mit unserer Berichterstattung hier auf Szenemag über das bunte Treiben auf den Festivalwiesen hier und dort. Gelingt der kurze Abriss doch allzu oft, gibt es dann und wann auch "Ausnahme-Wochenenden" - in positiver Hinsicht, über welche zu schreiben größere Anstrengungen erforderlich sind. Salopp gesagt: Weil es so schön war und man so viel zu erzählen hat.

Das erste August-Wochenende ist bekanntlich immer so eines von der Sorte.

Man sitzt vor dem weißen Blatt Papier (oder besser dem weißen Leer-Dokument des Textverarbeitungsprogramms des Vertrauens) und weiß nicht wo man anfangen soll. Bis ich diesen Text hier schreibe sind zwar schon ein paar Tage ins Land gezogen, aber die Bilder und Erinnerungen sind immer noch nicht geordnet. Wenn denn das überhaupt geht. Aber muss man ja nicht.

Man kann auch einfach "drauf losschreiben" und schauen was passiert. Oder sich inhaltlich ganz abstrakt auf Distanz halten, ganz dem inneren Bauchgefühl - oder besser: Wohlgefühl (so schnell geht das einfach nicht weg…) - nach. Da verweis ich gleich nochmal auf einen der letzten Berichte über jenes Event, anno…: 2011. Man klicke auf den LINK.

Liebe Leute. KEINE SORGE. Mit diesem Text hier möchte ich mich nicht mal ansatzweise an jenem "Pseudo-"Text von 2011 anlehnen! Ich "mach´s" mal ganz sachlich. Zumindest versuche ich das. Liebe Emotionen: Verschwindet bitte - JETZT! Danke! Die Gefühlsduselei von mir abgeschüttelt, beginne ich euch nun von dem vlt. - schlichtweg - BESTEN Festival der Technoszene in Deutschland (Fusion hin oder her…) zu erzählen.

Nachtdigital. Wir schreiben das Jahr 2014. Die 17. Runde. Ja, seit 1998 hat sich der Zirkus schon einige Male auf den Kopf gestellt. Rein zahlenmäßig fehlt noch ein Jahr, aber kennt man das Nachtdigital in- und auswendig, so weiß man: Die Volljährigkeit ist unlängst erreicht. In welchem Sinne? Anders gefragt: Mit welchen Dingen verbindet man den Begriff "Volljährigkeit"? Naja, z. B. mit "erwachsen" sein (zumindest im juristischen Sinne). "Reif". Die Sache mit der "Vernunft" kann man in diesem Bezug auch anbringen. Vernünftig genug, die Festivalgröße auf 3000 Köpfe - über alle Jahre hinweg - zu limitieren (sei es auch zum Teil geschuldet durch die Platz-Kapazitäten des Ortes), zu Gunsten der besseren Atmosphäre und vor allem (jetzt wird's wieder bunt): des größeren "Glückes".

Das Glück, dem "elitären Kreise" derer angehören zu können (die Tickets sind verdammt knapp…), welche für ein Wochenende ein Stückchen Lebenszeit an diesem Fleckchen Erde verbringen dürfen. Die Annehmlichkeiten dieses Ortes waren noch nie so deutlich spürbar wie in diesem Jahr für mich. Hält man sich im Laufe des Jahres doch einfach, wenn auch ungewollt, oft an "bedeutungslosen" Orten auf. Orte, an welchem die Menschen nicht passen oder mindestens "langweilig" sind. Orte, an denen die bereits besagte Atmosphäre nicht stimmt. Oder Orte, wo es ganz simpel um die immer gleichen, oberflächlichen Dinge geht. Natürlich, für Otto-Normal-0815-Partymaus "reichts" auch, einfach das Radio anzuschalten. Und die Party geht los. Ja, es kann simpel sein.

Aber, Leute, wir wollen mehr. Mehr Tiefe. Auch wenn das Einfache oft mehr ist. Paradoxerweise gehen auch dem Einfachen Ausflüge in manche Tiefen voraus, um es verstehen zu können. Ach, die Welt kann so kompliziert sein. Oder auch so einfach (nun bin ich aber ganz durcheinander…). Fakt ist, wer erwartet, auf dem Nachtdigital auf dem Silbertablett nur leichte Kost serviert zu bekommen, liegt falsch (der kann dann trotzdem das Radio anmachen, oder einfach aufs "Tomorrowland" gehen…).

Kunst kann auch weh tun. So für nicht wenige auch zwischen 2 und 3 im Mondschein am Samstag früh.

 

Als Samuel Kerridge mit den Maschinen verschmolz, und aus Ihnen das unheimlichste Zischen und Quietschen und Heulen quetschte. Ohne Rhythmus. Dann tanzt man halt eben mal nicht. Aber vlt. kann man auch einfach mal angewurzelt stehen bleiben, ganz ohne "Gemeinsam-in-die-Luft-Springen" und "Alle-Lieb-haben-und-mit-Konfetti-übergießen", und versuchen der befremdlichen Situation etwas abzugewinnen. Dem manchen Leid, dem anderen Freud. Freud z.B. daher, mit, salopp gesagt, "kranker" Musik überrascht zu werden. Mitten zur Primetime Samstag Früh. Ja, man kann darüber streiten, ob der Slot seitens der Veranstalter sinnreich gewählt ist. So viel düstere Musik in so finsterer Nacht. Aber wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch…

Wie steht es im wie immer besonders-aufgemachten "Begleitheftchen": "Den Ritt in die Sonne übernimmt dann Clara Moto…" Also raus aus dem "Doom-Techno" des vorher genannten Produzenten, rein ins… Vergnügen? Für viele schon. Man konnte zumindest wieder das Tanzbein schwingen. So ganz nebenbei sind wir auch schon bei dem Kern der Sache angelangt: Das Nachtdigital besticht - meiner Meinung nach - stets mit gekonnter Balance im Booking bzw. in der Musikauswahl: Sperrige, verkopfte Ambient-Techno-Experimente geben sich die Hand mit eingängigem, ja fast schon, "Techno-Pop" á la Innervisions. Der gut tanzbare Schunkel-Standard-Deep-House steht neben der harten Bassline aus dem Techno-Kosmos. Oder lass es ganz easy-bubiesi 80er-Musik sein. Ganz ohne Techno.

Spätestens mit dem letzten Act am gesamten Wochenende weiß man: Wenn der gewisse Euphoriepegel des Publikums erreicht ist, kann man sich - fast - alles erlauben. Ort, Zeit und vor allem, MUSIK, wird nur noch Nebensache. Es zählt der Moment. Und das ist das Glück. Wenn man sich um nichts mehr Gedanken machen muss. Außer vlt. noch ein bisschen Obacht geben, dass man - sofern man barfüßig "unterwegs ist" - an richtiger Stelle tritt.

Oder viel mehr aufpassen, dass man sich vor lauter Freude nicht in den Erdboden stampft. Sonntag Nachmittag, 14:00, als Job Jobse, der Resident von unserem allseits geliebten Trouw in Amsterdam, sein Stelldichein auf dem ND gab. Um zur Abwechslung mal wieder - ich tu das ja so selten - persönlicher zu werden: Der beste Moment in diesem Jahr für mich. Ein kollektiver Wahnsinn, mit den richtigen Menschen, mit dem sympathischsten DJ Ever (ever, ever…), und mit 80er Musik. Den Job lässt man bei seinem Stagediving-Ritt dann auch nicht so schnell fallen (JA, richtig gehört! Er schmiss sich in die Menge!). Man braucht ihn ja noch. Vlt. ja schon fürs nächste Jahr wieder. Ich persönlich kann mich in den vergangenen fünf Jahren an keine so gute Abschiedssause auf der Seebühne, welche nun den Namen "Düüdoom" trägt (sämtliche Bühnen firmieren nun unter solch exotischen Namen!), erinnern.

Fakt ist, bei solch unterschiedlichen Musikgenres, welche es auf den drei Bühnen - der oben Genannten, der "Splatatazongg" (Open-Air-Stage) und der "Fatzkenstadt" (Zelt) - zu hören gab, sollte doch für alle etwas dabei gewesen sein. Außer vlt. "Heatsick" von 3-4 Samstag morgen. Den mal außen vor gelassen. Wobei, ein ganzes Zelt leer zu spielen (übertrieben ausgedrückt) ist auch ne Kunst. Das war dann wohl zuviel des Guten. Zu viel Rhythmus. Hätte sich Samuel Kerridge ein paar Scheiben von dem Rhythmus abgeschnitten, wären die Musiken beider evlt. aufgegangen - für die Masse (mir hats gereicht).

Zu meckern gibt´s ja immer etwas. Die einen fanden den im Geheimen gehaltenen (surprise surprise!) James Holden-Auftritt verkorkst (zu viel "Gedüdel"), die anderen haben genug von dem stereotypen Innervisions-Sound eines Dixon. Letztendlich ist Musik Geschmackssache. Und letztendlich sollte jeder Gast "sein" eigenes Nachtdigital erLEBEN. Wenn nicht spätestens bei Job Jobse, dann mit dem letzten Act auf der Open-Air-Stage. Die "Primetime" sozusagen: Sonntag früh.

Die alten Haudegen Robag Wruhme und Roman Flügel. Dazu muss man dann aber wirklich keine Worte verlieren. Höchstens noch diese: Da gab es auch wieder DEN Moment, an welchem man die Energie in der Luft zu sehen glaubte: Auf dem Track von Jürgen Paape "So weit wie noch nie" (wer kennt ihn nicht?) gab es leidenschaftliche Sitting-Ovations. Mensch, hätte ich damals nur etwas anderes gelernt, dann könnte ich jetzt - bestimmt (!!!) - auch da vorne auf der Bühne stehen… ;)

Besonders hervorzuheben ist des weiteren: Manamana. Manamana halt. Klassisch gut. Randweg.

Eine Band-Formation mit Klarinette, Gitarre, E-Bass und Cajón, welche den Samstag Abend auf der Open-Air-Stage einleiteten.

Der "Sound of the Dutch West Coast" von Legowelt. Aber was für ein Typ. Er hat sich regelrecht zerrissen an oder mit seinen Gerätschaften. Eine Achterbahnfahrt im Zelt.

Und direkt danach der letzte Act des diesjährigen Festivals im Zelt: Optimo. Nein, im Zelt konnte man Samstag Nacht nicht viel falsch machen (Headstick hat ja am Freitag schon gespielt…).

Nicht unerwähnt lassen möchte ich die meiden Mädels, welche jeweils das Musikprogramm am Freitag Abend, traditionell Punkt 09:00 Uhr, einleiteten: Auf der Open-Air-Stage Olivia, eine Entdeckung vom polnischen Unsound Festival, und im Zelt Elisabeth (bekannt aus ihrem Stammladen "about blank" in Berlin und dem Leipziger "Conne Island"). Die Qualität des Sets von Olivia kann ich selbst bestätigen. Von dem Set von Zweiterer hab ich meine Mitmenschen nur schwärmen gehört. Man kann sich leider nicht zerteilen. Eine gute Entscheidung, die Bühnen mit zwei Frauen eröffnen zu lassen. Und wenn das wohl mal kein Statement ist…

ESCAPE TO OLGANITZ! Treffender könnte der Titel der Nachtdigital-Verfilmung, welche es mit der diesjährigen Austragung erstmals auf DVD zu kaufen gibt, nicht lauten. Wären wir wieder bei meinen einleitenden Worten:

Weg von dem Alltags-Trott, rein ins Paralleluniversum Nachtdigital. Für mich gibt es keinen vergleichsbaren Ort, zumindest in Sachen Festivals, wo so viel Gutes gleichzeitig zusammenkommt: Gute Menschen, Gute Musik bzw. "Kunst", Gutes Essen (diesmal "noch" gesünder mit regionalem und nachhaltigem Essen!) und vor allem:

"Great atmosphere!"

..."

2014 by bullytm, text + pics by christian h.] - powered by STORM Urban Water H2O + ENERGY !


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